Die Berichte des Tagesspiegels, 22.03.2016
von Matthias MEISNER
Freital will von Nazi-Szene in der Stadt nichts wissen
Eine nennenswerte Neonazi-Szene in Freital? Sieht die Stadtverwaltung nicht. Und erteilte deshalb dem Verein "Laut gegen Nazis" eine Absage.
In sieben Städten will der Verein "Laut gegen Nazis" mit einer Counter-Speech-Tournee gegen den Hass auf der Straße und im Netz demonstrieren. Beginnend am 27. April in Passau sind Konzerte in der ganzen Republik geplant. Zu den Tourstädten gehören auch Düsseldorf, Münster, Bad Fallingbostel, Wismar und Flensburg. Ausgerechnet die Stadt Freital bei Dresden, die im vergangenen Sommer wegen wochenlanger Anti-Asyl-Proteste in die Schlagzeilen geraten war, verweigert dem Projekt ihre Unterstützung. Dort soll die Counter-Speech-Tour am 2. Mai Station machen.
Helmut Weichlein, juristischer Referent des Freitaler Oberbürgermeisters Uwe Rumberg (CDU), schrieb dem Verein "Laut gegen Nazis": "In gewissen Kreisen scheint es beliebt zu sein, Freital als Codewort für rechtsextrem zu benutzen." Er unterstellte dem Verein, sein Interesse an der Stadt beruhe nur auf einer sehr negativen Berichterstattung über Freital im vergangenen Sommer, die die Stadt als "stark verzerrend und stigmatisierend sowie - insbesondere im bundesdeutschen Kontext - ungerecht empfunden" habe.
"In Freital herrscht ein friedliches Klima, wo in vielfältigen Initiativen und auf vielerlei Ebenen zu den Themen Flüchtlinge sowie politischer Extremismus gearbeitet wird", versicherte Weichlein in seinem Brief, den "Laut gegen Nazis" auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. Auf die von Rechtsextremisten gesteuerte Bürgerwehr FTL/360 ging der juristische Referent nicht ein. Er schrieb, die geplante Veranstaltung würde nicht nur zu einer Aufheizung der öffentlichen Debatte führen, "sondern das leider überregional bei manchen eingebürgerte Klischee, gerade in Freital gäbe es eine nennenswerte (Neo)Nazi-Szene, bestätigen".
Abgesagt wird die Veranstaltung in Freital trotz der fehlenden Unterstützung der Stadtverwaltung nicht. Die Demokratiemeile, auf der sich Sachsens Bündnisse für Demokratie vorstellen, sowie das Konzert mit der Sängerin Leslie Clio, der syrischen Band Khebez Dawle, die Dresdner Banda Internationale unter Smudo von den Fantastischen Vier soll auf dem Privatgelände der Technischen Werkstatt Freital stattfinden.
"Laut gegen Nazis" engagiert sich seit mehr als zehn Jahren gegen Rechtsextremismus, wird dabei von Beginn an von populären Künstlern unterstützt. Gefördert wurden laut Selbstdarstellung auf der Homepage des Vereins unter anderem Pro Asyl, Opferberatungsstellen, Aktionsbündnisse oder auch das von Rechtsextremisten bedrohte Ehepaar Lohmeyer im mecklenburgischen Ort Jamel.
Online am: 22.03.2016
Aktualisiert am: 18.07.2016
Inhalt:
- Das Thema im Überblick
- Lutz BACHMANN
- PEGIDA-Teilnehmerzahlen
- Widerstand in Freital
- Waffengewalt gegen Flüchtlinge
- Das Making-of des Tagesspiegels von Matthias MEISNER
- Das Making-of der Sächsischen Zeitung - Wächterpreis
- Nachrichtenspiegel 2016 - Sechs Monate PEGIDA-News
Tags:
Dresden | Neonazis | Politikverdrossenheit | Sächsische Zeitung | staatliche Macht | Tagesspiegel
Auszeichnungen:
"Wächterpreis der Tagespresse" 2016
Die Menschen hinter dieser Geschichte:
Berichterstattung in den Medien:
Die Berichte des Tagesspiegels
- Lutz Bachmann war "Bild"-Leserreporter (26.12.2014)
- Sachsen-CDU wettert gegen Winter-Abschiebestopp (27.12.2014)
- Petitionen für und gegen Pegida - Mehr Demokratie = mehr Rassismus? (28.12.2014)
- Aktion für Pegida gescheitert (30.12.2014)
- Sogar der CDU in Sachsen reicht‘s mit "Pegida" (06.01.2015)
- Alle Berichte (...)