Filmfonds für Reiche

Wenn in Deutschland der dritte Teil der Hollywood-Produktion "Der Herr der Ringe" anläuft, können sich auch deutsche Investoren freuen: Dank eines Steuerschlupflochs können deutsche Besserverdienende Millionen Euro an Steuern sparen, wenn sie in Filmfonds investieren.

von Hans Koberstein und Ulrich Stoll

330 Millionen Dollar hat die Hollywoodtrilogie "Herr der Ringe" gekostet. Die Premiere war am vergangenen Mittwoch in Berlin. Die Fans, die dort jubelten, ahnten wohl nicht, wer die Millionengagen der Stars und die teuren Spezialeffekte bezahlt hat. Sie waren es selber: die deutschen Steuerzahler.

Und das geht so: Wir sind bei einem deutschen Spitzenverdiener zu Gast, der nicht erkannt werden will. Der Mann verdient viel und möchte weniger Steuern zahlen.

Filmfonds "Herr der Ringe"

Er erklärt uns, wie man das machen kann: "Wir hatten eigentlich ein sehr schönes Problem. Wir hatten nämlich sehr viel Geld verdient und mussten aber noch höhere Rücklagen bilden für die Steuer. Da ist unsere Sparkasse auf uns zugekommen und hat gefragt: 'Sagt mal, da gibt es einen Filmfonds 'Herr der Ringe', wäre das nicht was für euch?' Der hat unglaubliche Vorteile. Man zahlt jetzt einmal eine ziemlich große Summe, kriegt sie im nächsten Jahr mit einem dicken Aufschlag zurück vom Finanzamt und dann hört man nie wieder davon."

Der Trick: Hollywood-Filme wie "Der Herr der Ringe" werden mitfinanziert durch ein gewaltiges Steuergeschenk des deutschen Finanzministers. Besserverdienende investieren in Filmfonds, um weniger Steuern zahlen zu müssen.

Inhaber-Schuldverschreibung

"Man braucht eigenes Geld, um da Steuern sparen zu können. Wir haben 64.000 gehabt, und damit konnten wir einen Anteil von insgesamt 150.000 an 'Lord of the Rings Teil 3' finanzieren", erklärt unser Filmfonds-Anleger.

Eine so genannte Inhaber-Schuldverschreibung macht es möglich, dass der Investor, ohne selbst gezahlt zu haben, die höhere Summe als Steuerverlust angeben kann. "Das hat dazu geführt, das wir in dem Jahr die ganze Summe, die 150.000, beim Finanzamt ansetzen konnten als Werbungskosten. Und da wir im Spitzensteuersatz waren, haben wir dadurch knapp 79.000 gespart. Wir haben also 64.000 eingesetzt und haben mit der nächsten Steuererklärung 79.000 zurückgekriegt, das sind knapp 24 Prozent Rendite."

"Der Schatz wird unser sein!"

Es ist ein Rendite-Schatz aus Steuermitteln, zum Nutzen reicher Anleger und amerikanischer Produzenten - dank Hans Eichels Steuergeschenk.

Fonds-Analyst Stefan Loipfinger erklärt uns das Prinzip: "In Zahlen ausgedrückt: Zwei Milliarden Euro fließen ungefähr in die USA, nach Hollywood. Eine Milliarde von diesen zwei Milliarden zahlt erst mal Hans Eichel über Einkommenssteuerausfälle."

Deutsche Filmwirtschaft

Das Bundesfinanzministerium will eigentlich die deutsche Filmwirtschaft fördern. Doch in Wirklichkeit bezahlen deutsche Steuerzahler ein Fünftel aller Hollywood-Filme. Filme wie Chicago, Terminator, Mission Impossible und Gangs of New York wurden mitfinanziert von Hans Eichel - auf Kosten der Steuerzahler.

Loipfinger kennt die Praxis: "In Hollywood gibt es den Begriff 'German Stupid Money', also dummes deutsches Geld. Dieser Begriff hat sicher auch seine Berechtigung, weil auch in Deutschland viele nicht verstehen, warum der deutsche Fiskus hier amerikanische Produktionen mit deutschen Steuergeldern so stark unterstützt."

Am 16. Dezember 2003 stehen die Fans in Berlin Schlange für den "Herrn der Ringe". Für ganze 14,50 Euro gibt es alle drei Teile zu sehen.

Doch die Fans haben unwissentlich bereits viel mehr gezahlt. Begeistert sind die Fans von dieser Vorstellung nicht: "Das find' ich gar nicht gut, weil ich der Meinung bin, dass sich die drei Filme von alleine tragen, dass die genug Geld einspielen, dass das nicht unbedingt mit Steuern finanziert werden muss."

Es erscheint absurd: Die Firma, die den Fonds für den "Herrn der Ringe" vertreibt, ist die 50-prozentige Tochter einer Staatsbank, der hessischen Landesbank Helaba. Sie hilft also mit, dass deutsche Steuerzahler Milliarden an Hollywood-Produzenten verlieren. Die Bank verweigert Frontal21 eine Stellungnahme.

Eichel hilflos

Das Finanzministerium versuchte mehrfach mit mäßigem Erfolg, die Traumrenditen zu kappen. "Es gab seit 1999 schon verschiedenste Versuche von Seiten der Politik beziehungsweise der Finanzverwaltung, dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben oder das anders zu lenken", berichtet uns Loipfinger. "Nur leider, die Erfolge waren sehr, sehr bescheiden. Denn wenn man sich anschaut, wo heute das Geld hinfließt im Vergleich zu damals, dann hat sich daran nichts geändert. Auch heute, von den neuen Medienfonds, fließt das meiste Geld nach Hollywood."

Und so sagt prophetisch in "Herr der Ringe Teil 3" Elrond zu Arwen: "Nichts ist gewiss". Und sie antwortet: "Manche Dinge sind gewiss." Und Recht hat sie - nämlich die Steuergeschenke, die immer noch Rendite versprechen.

Deutsche Staatsbank mischt mit

Auch die US-Fernsehserie "Law and Order" wird mit deutschem Fonds-Geld produziert. Die Fondsgesellschaften finden weiterhin Schlupflöcher, um Amerikas Filmindustrie mit deutschem Steuergeld zu subventionieren.

Und wieder ist es eine deutsche Staatsbank, die Nord/LB, die hinter dem "Law-and-Order"-Fonds steckt - zum Schaden der Staatskasse. Auch von der Nord/LB erhalten wir kein Interview.

Weiter absahnen

Zurück zum "Herrn der Ringe": Weil der dritte Filmteil "Die Rückkehr des Königs" 75 Millionen Euro teurer wird als geplant, können die Fondszeichner dem Finanzamt wieder ein Schnippchen schlagen.

Auch der Fonds-Gesellschafter, der unerkannt bleiben will, bekommt das Angebot, noch einmal abzusahnen. Er darf erneut Geld für den "Herrn der Ringe" investieren - mit Gewinngarantie: "Diesen Brief haben wir jetzt bekommen, kurz bevor 'Die Rückkehr des Königs' in die Kinos kommt. Der Clou ist natürlich, wie auch schon, als der Fonds aufgelegt wurde: Die Gesellschafter zahlen es gar nicht, sondern die machen immense Werbungskosten geltend und damit finanziert das Finanzamt diese Summe vor."

Eines der aufwändigsten Filmprojekte aller Zeiten ist ein Abschreibungsprojekt mit freundlicher Unterstützung vom deutschen Steuerzahler.