Da mehrfach geheime Informationen aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss an die Presse und dadurch an die Öffentlichkeit gelangten, strengt der Leiter des Untersuchungsausschusses, Siegfried KAUDER (CDU) ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren an. Zuvor wurde dies in einem Mehrheitsbeschluss des Ausschusses festgelegt. Ermittelt wird daraufhin gegen 17 Journalisten vom SPIEGEL, stern, ZEIT, Süddeutscher Zeitung, Frankfurter Rundschau, TAGESSPIEGEL, Berliner Zeitung, taz und WELT wegen Verdachts der Beihilfe zum Geheimnisverrat. Die FAZ, die nicht darunter ist, zeigt Verständnislosigkeit und verweist auf das kürzlich eindeutig ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Fall "Cicero": Die Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen in der Presse reicht nicht aus, um Journalisten, die eine "öffentliche Aufgabe" haben, strafrechtlich zu verfolgen: "Siegfried Kauder und die wilde 17".
Aber nicht nur gegen Journalisten wird ermittelt, sondern auch gegen Ausschussmitglieder, da der Verdacht besteht, die Journalisten hätten die entsprechenden Informationen durch Mitglieder erhalten.
Noch am selben Tag bestätigt die Berliner Staatsanwaltschaft ihre Ermächtigung durch den Bundestagspräsidenten Norbert LAMMERT (CDU), auch gegen Geheimnisträger zu ermitteln.
Da kein konkreter Verdacht gegen einzelne Ausschussmitglieder besteht, richtet sich die Anklage jedoch gegen unbekannt.
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft den Journalisten vor, sie hätten aus geheimen Akten des Untersuchungsausschusses zitiert. Auf die Frage wie die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen konnten, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Berlin, Simone HERBETH: "Wir wissen noch nicht, auf welche Weise Akten an die Öffentlichkeit gelangten".
In der Presse, den Parteien und der Öffentlichkeit regt sich heftiger Protest gegen das Ermittlungsverfahren. Lautstark wird das Verfahren als Angriff auf die Pressefreiheit bezeichnet.
Der ehemalige Chefredakteur des SPIEGEL, Stefan AUST, gegen den selber ermittelt wird, kritisiert: "Das scheint mir ein ungezielter Angriff auf die Pressefreiheit zu sein. Wir sehen den Ermittlungen gelassen entgegen".
Der Chefredakteur der Zeit, Giovanni DI LORENZO, sagt: "Es ist augenscheinlich, dass in diesem Fall nicht so sehr die Ermittlungen gegen Journalisten bedeutend sind. […] Es geht hier eindeutig und zum wiederholten Mal darum, mögliche Informanten in Behörden und Ausschüssen so einzuschüchtern oder zu belästigen, dass sie Journalisten keine Informationen mehr weitergeben. […] Wir würden in unserer Zeitung jederzeit wieder diese Artikel veröffentlichen, um die es jetzt geht".
Die Grünen, die FDP und die Linke kritisieren das Ermittlungsverfahren. So sagt der FDP-Obmann des Ausschusses, Max STADLER, man sei "über das Ziel hinausgeschossen". Der Grünen-Obmann im Ausschuss, Hans-Christian STRÖBELE, sagt bei der Abstimmung sei erklärt worden, die Maßnahmen richteten sich nicht gegen Journalisten.
Beide lehnen die Ermittlungen gegen die Journalisten uneingeschränkt ab. Ebenfalls ermittelt wird von der Staatsanwaltschaft Hamburg, da der stern, DIE ZEIT und DER SPIEGEL dort erscheinen. Gegenüber der Deutschen-Presse-Agentur (DPA), sagt der Hamburger Oberstaatsanwalt BAGGER, "nach dem Cicero-Urteil ist ein solches Verfahren Quatsch". Ein möglicher Erfolg des Verfahrens wird von ihm bezweifelt.
Siegfried KAUDER selber will das Ermittlungsverfahren nicht kommentieren. "Das steht mir nicht zu, da eine Beurteilung abzugeben". Weiter betont er, er wüsste "weder etwas über den Stand des Ermittlungsverfahrens, noch gegen wen es sich richtet, noch was bisher ermittelt worden ist". Seine Absicht sei es bloß, "herauszufinden, wo die undichten Stellen sind, und sicherzustellen, dass es in Zukunft so nicht läuft."