Dieser Text stellt das 4. Kapitel einer Geschichte dar, die von einer "Arisierung" handelt unmittelbar nach der Machtergreifung: die Enteignung des Ignatz NACHER und seiner Engelhardt-Brauerei. In einem anderen Kapitel ist beschrieben, wie dieser zweitgrößte Bierkonzern entstanden war und wie und weshalb Ignatz NACHER dabei die Pfandflasche erfunden hatte. Das dritte Kapitel beschreibt, was nach NACHER's Enteignung geschah und wie seine Familie die Pogromnacht im November 1938 überstand. Sein Sohn und dessen Ehefrau, die Schauspielerin Camilla SPIRA und die beiden Kinder konnten mittels eines Tricks überleben.
All diese Personen standen auch im Mittelpunkt einer Veröffentlichung im Jahre 1989, einem Buch über die "Entjudung" der deutschen Wirtschaft: "Boykott - Enteignung - Mord" des Verfassers. Nach drei Auflagen ist dieses Buch vergriffen.
Da das Internet andere Möglichkeiten bietet, eine solche Rekonstruktion darzustellen und auch keine Platzbegrenzung auf 400 Seiten kennt, bot es sich an, statt einer vierten Auflage das alles online zu erzählen.
Insbesondere lag dem Verfasser am Herzen, auch die weniger bekannten Personen aus NACHER's Großfamilie aus der Vergessenheit hervorzuholen, namentlich das Schicksal des zuletzt elfjährigen Thomas MUNDERSTEIN.
Ursprünglich gab es nur Informationen und Belege zum bürokratischen Ablauf seiner Vernichtung. Im Zusammenhang mit den neu aufgenommenen historischen Recherchen fanden sich Informationen seines ehemaligen Spielkameraden über ihn, der sich in den kritischen Jahren 1942 bis 1945 verstecken konnte: Peter NACHER, einer der Neffen von Ignatz NACHER. Er hatte ein Foto von Thomas, aufgenommen kurz vor seiner Deportation. Diese Informationen sind inzwischen in der Bibliothek der Gesellschaft für die Geschichte des Brauwesens in Berlin gesammelt.
Nachdem im dritten Kapitel der Vorgänge nach 1933/1934 ein kleiner Hinweis auf Thomas MUNDERSTEIN erschien, meldete sich die Cousine des Sohnes des ehemaligen Lehrers von Thomas: Sie war im Besitz von 5 Briefen, die Thomas an seinen Lehrer geschrieben hatte. Der Lehrer, Franz MÜHLHAUSER, der rechtzeitig nach Palestina emigrieren konnte und dort den Namen Ephraim MILLO annahm, hatte sie in einem alten Koffer gesammelt.
Als nach seinem Tod dessen Sohn, Yoram MILLO, diese fand und sie wegen der Sprache und der teilweise alten Sütterlin-Schrift nicht lesen konnte, wandte er sich an seine Cousine in der Nähe von Berlin, wie oben bereits erwähnt. So kamen beide in Kontakt und so gelangten diese Briefe auch zu dieser Geschichte. Yoram MILLO, von Beruf Kameramann und Filmemacher in Jerusalem, hat sie ansTageslicht.de mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt: zum Gedenken an seinen Vater, seine Großmutter Marie und seiner Tante Klara MÜHLHAUSER, die alle in Auschwitz ermordet wurden.
Damit ließen sich nicht nur die Geschehnisse rekonstruieren, sondern auch ein kleines Portrait von Thomas MUNDERSTEIN und seinem kurzen Leben.