Washington Post, 09.09.2001

von Sarah COHEN

Serie "Lost Children" Teil 2

Immer wieder kommen Kinder verfrüht zur Welt, mit Untergewicht, Atembeschwerden und Missbildungen. Grund dafür ist der Drogenkonsum ihrer Mütter während der Schwangerschaft. Auch das Blut der Babys ist bereits drogenverseucht und sie müssen unter dem Entzug schrecklich leiden. Nicht selten sterben sie an den Folgen des Drogenkonsums und an der Vernachlässigung ihrer Mütter.

Im Zeitraum von 1995 bis 1998 werden 5 Babys im George Washington University Hospital unter Drogeneinfluss geboren. Trotz der Unterstützung solcher Fälle durch die D.C. Child and Family Services Agency, verlassen die Babys zusammen mit ihren Müttern das Krankenhaus.

Eine Sozialmitarbeiterin des Krankenhauses, Mary Kardauskas, meldete die kleine Tyrika der Child and Family Services Agency. Sie kam sechs Wochen zur früh und mit Atmungsproblemen zur Welt. Ihre Zwillingsschwester hatte ebenfalls ernste Atmungsprobleme und werde in ein anderes Krankenhaus verlegt. Ihre Mutter nahm in der Schwangerschaft Kokain. Nach Angaben einer Mitarbeiterin der Child and Family Services Agency konnte Tyrika nicht mehr betreut werden, da die „Quote“ bereits voll sei. Wie sich später herausstellte, hätte es diese Aussage gar nicht geben dürfen.

Mit 6 Tagen wurde Tyrika mit einem apnea monitor nach Hause zu ihrer Mutter geschickt. Solch ein Monitor gibt Alarm sobald das Baby aufhört zu atmen. Die Mutter der Zwillinge ist heute clean und arbeitet als medizinische Sekretärin. Die Wände in ihrem Haus sind zugehängt mit Fotos von Tyrika. Ihre Zwillingsschwester überlebte.

So wie Tyrika starben auch die anderen vier Babys nach wenigen Wochen, die im George Washington University Hospital mit Drogen mit Blut geboren wurden. Trotzdem viele Mütter bereits bei der Child and Family Services Agency gemeldet waren, wurden alle Babys mit ihren Müttern zusammen entlassen. Das liegt oft an der Ohnmacht von Sozial- und Krankenhausmitarbeitern, vor allem aufgrund rechtlicher Aspekte.

Debatten werden laut, die sich mit der Frage beschäftigen, ob Drogenkonsum in der Schwangerschaft als Vernachlässigung oder Missbrauch gelten sollten und ob die Kontaktaufnahme zu Child and Family Services eine Verpflichtung werden sollte. Von 1993 bis 2000 starben 11 drogenausgesetzte Neugeborene, deren elterliche Probleme bereits durch Dokumentation durch das Klinikpersonal oder Sozialarbeiter bekannt waren. Von 1998 bis 2001 wurden 32 Empfehlungen an Beamte der Stadt gegeben, um Risiko-Babys mit medizinischen Defiziten zu schützen. Keine dieser Empfehlungen wurde verfolgt.