Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 07.02.2008

von Matthias THIEME

"Das Problem von Unicef ist nicht Heide Simonis"

Frau Simonis, Unicef sagt, die Krise hat einen Namen: Heide Simonis. Was sagen Sie dazu?
Ich nehme diese Äußerungen des Geschäftsführers und des Vorsitzenden mit Erstaunen zur Kenntnis. Ich glaube nicht, dass es Unicef irgendetwas nützt, wenn ich auf solche Provokationen im Einzelnen eingehe. Tatsache ist, dass auf der Krisensitzung im Dezember keine Konzepte für Reformen vorgelegt wurden. Das ist im Protokoll nachzulesen.

Sind Sie schuld am Glaubwürdigkeitsverlust von Unicef?
Das Problem liegt doch darin, dass viele Menschen nicht verstehen, was da im Einzelnen abgelaufen ist. Dass sie die Mittelverwendung nicht nachvollziehen können, dass ihnen die Transparenz fehlt. Da gibt es ja fragwürdige Vorgänge, wie zum Beispiel die hohen Summen für Beraterverträge.

Können Sie nachvollziehen, was die Prüfer bei Unicef bemängelt haben?
Ich kann es deswegen sehr gut nachvollziehen, weil es früher in meinen politischen Tätigkeiten absolut notwendig war, jedes einzelne Dokument abzulegen, eine Aktennotiz anzufertigen und zu unterschreiben, sowie diese Dokumente in geordneter Form aufzubewahren, so dass man die Vorgänge jederzeit nachprüfen kann.

Ist das bei Unicef so eingehalten worden?
Nach dem Kenntnisstand von heute glaube ich nicht, dass es sich bei den untersuchten Vorgängen um Akten handelt, die nachvollziehbar sind. Genau das haben die Prüfer Unicef vorgeworfen. Auch wenn es zum Teil keine rechtlichen Vorschriften sind, aber für die Transparenz und die Nachweisbarkeit, dass man mit dem Spendengeld sinnvoll und gut umgegangen ist, ist eine solche Dokumentation unverzichtbar.

Der Vorstand wirft Ihnen vor, Sie und Ihr Büro hätten Herrn Garlichs bei der Staatsanwaltschaft angeschwärzt. Stimmt das?
Ich war dabei, als die Staatsanwaltschaft das erste Mal bei Unicef in Köln war. Dort wurden wir belehrt, dass wir alles, was wir haben, der Kriminalpolizei zukommen lassen müssen, damit die es bewerten können. Auch den anonymen Brief, mit dem alles anfing. Als dann bei uns viele weitere Vorwürfe und Hinweise einliefen, haben wir der Aufforderung der Kripo Folge geleistet und das Material nach Köln geschickt.

Was wäre passiert, wenn Sie das Material behalten hätten?
Das ist Unterdrückung von Beweismaterial und wäre eine Straftat. Ich habe das dem Vorstand übrigens direkt in der Sitzung am 1. Dezember zur Kenntnis gegeben. Das kann man im Protokoll nachlesen. Ich gehe davon aus, dass Staatsbürger eine Pflicht haben, sich an das zu halten, was Staatsorgane von ihnen einfordern.

Ein Neuanfang mit altem Führungs-Personal, geht das überhaupt bei Unicef?
Das müssen jetzt die Sponsoren, Spender und die ehrenamtlichen Mitarbeiter entscheiden.

Was sagen Sie über Ihre Zeit mit dem Geschäftsführer?
Er ist sehr engagiert. Aber seine Arbeit ist vielleicht doch von Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei gekennzeichnet. Mit mir war die Zusammenarbeit auch deswegen so schwierig, weil ich Preußin bin. Da kommt es auf die Form an. Nur wenn Inhalt und Form stimmen, kann ich zu einer Sache stehen.

Gab es gravierende Managementfehler, wie Experten sagen?
Es ist jedenfalls nicht so, dass es gar nichts gegeben hat.

Müsste Garlichs zurücktreten, um noch größeren Schaden von Unicef abzuwenden?
Der Vorstand wünscht dies offensichtlich nicht. Dass viele ehrenamtlichen Mitarbeiter anders denken, kann ich aber gut verstehen.

Oder sind doch Sie schuld an der Krise, wie Garlichs suggeriert?
So wird es dargestellt. Das Problem von Unicef ist aber auf jeden Fall nicht Simonis.

Wie soll der alte Vorstand diese Probleme in den Griff bekommen?
Jetzt sollte sich jedes Vorstandsmitglied fragen, ob es auch persönliche Konsequenzen zieht.