Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 14.01.2008

von Matthias THIEME

Unicef-Basis setzt auf Simonis

Wenn Heide Simonis von Unicef Geschäftsführer Dietrich Garlichs und seinen Vertrauten heute aus dem Amt der Vorstandsvorsitzenden gedrängt wird, sind massenhafte Austritte und Proteste an der Basis zu erwarten. Noch nie in der Geschichte von Unicef Deutschland hat ein Geschäftsführer bei den 8000 Ehrenamtlichen so viel Vertrauen eingebüßt wie Garlichs. In der Zentrale hagelt es bereits jetzt Beschwerdebriefe und Kündigungen.

So hat sich die Unicef-Arbeitsgruppe Niederrhein aufgelöst und in einem offenen Brief betont, "dass der Rücktritt von Geschäftsführer Dr. Dietrich Garlichs ausdrücklich gewünscht wird". Es gehe nicht darum, ob Gesetze gebrochen wurden, oder die Vorgänge "juristisch sauber" seien, schreiben die enttäuschten Ehrenamtler. "Es geht hier um soziale Werte, Moral und ethische Grundregeln, die ein Geschäftsführer in einer solchen Organisation haben muss."

Fragen zu Stiftungsvermögen

Das sehen auch die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe München so. "Was uns zutiefst verärgert, ist die Ignoranz und Arroganz der Geschäftsführung", schreibt die Gruppe. An Garlichs "scheinen die Verdachtsmomente und die Vorwürfe komplett vorüber zu gehen". Auch die Münchener "fordern im Sinne der Vertrauenserhaltung für Unicef den sofortigen Rücktritt von Dr. Garlichs".

Derweil dringen weitere Informationen über das fragwürdige Finanzgebaren der Organisation an die Öffentlichkeit: Nach FR-Recherchen liegen 10 Millionen Euro des Stiftungsvermögens von Unicef beim Bankhaus Delbrück. Bei dieser Bank war Unicef-Schatzmeister Peter von der Heydt bis zum Jahr 2002 Mitinhaber, zuletzt persönlich haftender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsführung. Heute gehört er dem Aufsichtsrat der Bank an. Unicef sieht in der Doppelfunktion von der Heydts keine Interessenverquickung. Juristisch sei alles in Ordnung. Es gehöre zu den Aufgaben der Vorstandsmitglieder, Kontakte "aus ihren unterschiedlichen Lebensbereichen einzubringen", teilt das Kinderhilfswerk mit.

Ähnliche Rechtfertigungen von juristisch gerade noch legalen Verträgen wollte Heide Simonis im Vorstand nicht zulassen. Das beweisen Protokolle von Vorstandssitzungen, die der FR vorliegen. So kritisierte Simonis in der Krisen-Sitzung vom 1. Dezember etwa, dass "mir bis heute keine schriftlichen Unterlagen über den Vertrag mit Herrn Z. zugegangen sind, der inklusive Mehrwertsteuer über 300 000 Euro Beraterhonorar bekommen hat". Auch die Zahlung von 1,3 Millionen Euro an die Consulting-Firma Dastani lasse sich "nur etwa zur Hälfte durch die uns vorliegenden Verträge nachvollziehen", so Simonis laut Protokoll.

Doch bevor es zu einer Klärung kommt, mischt sich Schatzmeister von der Heydt ein und dringt darauf, "Herrn Dr. Garlichs das Vertrauen auszusprechen". Für die Presse solle man sich "positive Aussagen" überlegen. Man müsse nicht "zu sehr in Sack und Asche gehen", meint selbstbewusst auch Dietrich Garlichs. Simonis unterlag am 1. Dezember in Köln gegen die Hausmacht des Unicef-Chefs. Sie unterschrieb das Sitzungsprotokoll nicht.