"S 21"-Chronologie Teil II: Prüfung der techn. Machbarkeit (1994 - 2009)

Die Planung des Projekts Stuttgart 21 dauerte fast zehn Jahre (1985-1994). Dabei wurden die Ideen und Pläne noch nicht den Bürgern, also der Zivilgesellschaft vorgestellt. Die ausführliche Dokumentation der Ereignisse von dieser Periode finden Sie im Artikel "Ausführliche Chronologie der Planung (1985 - 1994)".

(LM; LU; MB; RB; SB; JL; Fotos: Roland Hägele)

Die technische Machbarkeit des Projekts wird bestätigt

16.01.1995

Die erste S-21-Machbarkeitsstudie der Bahn wird der Presse vorgestellt, in welcher die technische Machbarkeit des Projekts, das sich auf fünf Milliarden DM belaufen und bis 2010 realisiert werden soll, bestätigt wird. Umweltschützer und Grüne beginnen zu protestieren.

Die letzte Landtagswahl war im Jahr 1992. Die nächste wird erst nächstes Jahr, 1996 sein. Die Bürger haben keine Möglichkeit, mittels einer Wahl auf Landesebene mitzubestimmen und ihre Interessen zu verfolgen.


November 1995

Die Initiative Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21 wird von Gangolf STOCKER gegründet, die mit den Stuttgarter Umweltverbänden, mit Bürgerinitiativen und mit allen Mitgliedern bzw. Gremien von Parteien zusammen arbeitet, um S21 zu verhindern und die Alternative mit Kopfbahnhof zu fördern.
Kurz zuvor war ein Buch von Winfried WOLF erschienen: "Stuttgart 21 - Hauptbahnhof im Untergrund." Nach einer Lesung des Autors, an der 40 Interessiert teilnahmen, traf sich ein Großteil dieser Bürger wenige Tage später erneut, um diese Initiative zu gründen.


Die Rahmenvereinbahrung wird unterzeichnet

November 1995

Die Stadt Stuttgart bzw. Oberbürgermeister ROMMEL, CDU, die Deutsche Bahn AG, Bund und Land unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung. Sie soll Zeitplan und Finanzierung des Bauprojekts sichern.

Das Projekt ist auf 5 Milliarden DM (ca 2,6 Mrd Euro) angesetzt. Ohne Alternativen entwickelt zu haben, binden sich Stuttgart und die anderen Vertragspartner an diesen Vertrag.


26.03.1996

Jetzt sind wieder Landtagswahlen Baden-Württemberg. Größte Gewinner: die FDP und die Grünen. Eher konservative Wähler wollen offenbar das Korrektiv in der CDU-dominierten Landesregierung stärken. Der neue Ministerpräsident ist der alte: Erwin TEUFEL regiert mit CDU und diesesmal der FDP:


Juni 1996

Weitere 21er-Bahnprojekte - Frankfurt 21 sowie München 21 - werden vorgestellt, die Ende der 1990er Jahre von der Deutschen Bahn geplant wurden. München 21 wird die Bahn 2001 endgültig fallen, Frankfurt 21 im Jahr 2002. Begründung: Stuttgart 21 habe einen höheren Stellenwert für die Deutsche Bahn AG.
München 21 und Frankfurt 21 sind natürliche Opfer von Sparzwängen seitens des Bundeshaushalts.


24. Juli 1996

Die Initiative „Leben in Stuttgart – kein Stuttgart 21“, die mit vielen Aktivitäten Widerstand gegen Stuttgart 21 leistet und unter anderem Flugblätter an alle Haushalte in Stuttgart verteilt, sammelt 13.000 Unterschriften und übergibt sie als Bürgerantrag an die Stadtverwaltung Stuttgart, um die Hauptsatzung der Stadt Stuttgart zu ändern und einen Bürgerntescheid zu ermöglichen. Am 26. September 1996 lehnt der Stuttgarter Gemeinderat (CDU, SPD, FDP und FW) den Bürgerantrag ab. Zuvor wollte OB Rommel sogar den Bürgerantrag aus formaljuristischen Gründen gar nicht erst in den Gemeinderat einbringen.


DÜRR: "Ja, notwendig, können wir sagen, ist's eigentlich gar nicht..."

September 1996

Der Südwestfunk sendet ein Feature des damaligen SWF-Redakteurs Reinhard NÜRNBERG mit den Gegnern von Stuttgart 21. Auch der Bahnchef Heinz DÜRR äußert sich in erstaunlicher Weise:

DÜRR: "Das ist das erste und am weitesten fortgeschrittene Projekt 21, d.h. Projekt 21, die Bahn gibt Gleisanlagen, Betriebsanlagen in den Städten auf, um den Städten eine Möglichkeit geben, sich selbst zu entwickeln, wir gleichzeitig in die Gelegenheit kommen, unseren Bahnhof in eine modernere Fassung zu bringen, mit dem Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene."

Sprecher: "Warum ist das notwendig so?"

DÜRR: "Ja, notwendig, können wir sagen, ist's eigentlich gar nicht. Nur, es ist eine Weiterentwicklung, es ist ein Fortschritt, mh, daß wir eben Gleisanlagen, die für den Reisenden nicht mehr erforderlich sind, aufgeben und die den Städten zur Verfügung stellen, um hier, äh, neue Entwicklungen für die Stadt zu machen."


November 1997

Im November 1997 überzeugt der Düsseldorfer Architekt Christoph INGENHOVEN mit seinem Konzept für den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Durch Löcher in der Decke, sogenannte Lichtaugen, soll in den unterirdischen Bahnhof Tageslicht kommen.

Ansonsten werden die 1995 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellten Pläne in allen relevanten Richtungen (Gleisverlegung, Städtebau, Untertunnelung etc) weiter ausgearbeitet und technisch perfektioniert. Die Mehrheit der Öffentlichkeit bekommt davon praktisch nichts mit. Für sie ist das Projekt „Stuttgart 21“ mehr eine Zukunftsvision, eine schöne Idee.
Dass diese Idee in den Amtsstuben und den Planungsbüros nach und nach Gestalt annimmt, erfährt – wenn überhaupt – nur die Fachöffentlichkeit.


1998

UMKEHR Stuttgart erstellt zusammen mit dem Architekturforum Baden-Württemberg das Konzept „Stuttgart 21 mit Kopfbahnhof“ inklusive Rentabilitätsberechnung.


Finanzierungssicherheiten bringen die Planung ins Stocken

Juli 1999

Jetzt stagniert die Planung aufgrund von Finanzierungsunsicherheiten. Grund für den Planungsstop ist für den inzwischen neuen Bahnschef Johannes LUDEWIG, dass die Landesregierung die Finanzierung des Projektes Stuttgart 21 nicht unterstützt. LUDEWIG will andere Projekte durchführen.

Nach Ansicht der Deutschen Bahn ist das Projekt Stuttgart 21 zu groß, um es auf einen Schlag umzusetzen. Deswegen soll entweder nur die Neubaustrecke nach Ulm oder die Verlegung des Hauptbahnhofs realisiert werden.


September 1999

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn und sowie Vertreter des Bundes verkünden, dass Bahnchef Johannes LUDEWIG Ende des Monats die Deutsche Bahn vorzeitig verlassen wird. LUDEWIG, der die Position seit Juli 1997 inne hatte, steht in der Kritik: schlechte Umsatz- und Fahrgastzahlen werden ihm vorgehalten.


24.10.1999

Gemeinderatswahlen in Stuttgart: Die CDU geht als Gewinner hervor, alle anderen verlieren an politischer Zustimmung:


November 1999

Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Regionalverband Stuttgart und der Flughafen in Stuttgart sehen die Neubaustrecke nach Ulm sowie die Verlegung des Hauptbahnhofs als untrennbar an und entschließen sich im November 1999, das Großprojekt mit 1,3 Milliarden DM (knapp 0,7 Mrd Euro) zu fördern.


Dezember 1999

Hartmut MEHDORN wird neuer Chef der Deutschen Bahn AG. Er möchte vom Projekt Stuttgart 21 nicht ablassen, obgleich die vollständige Finanzierung immer noch ungeklärt ist.


Februar 2000

Stadt und Land wollen das Projekt Stuttgart 21 weiter unterstützen: Stuttgart kauft der Bahn Gleisflächen ab, das Land Baden-Württemberg erwirbt größere Verkehrsleistungen von der Deutschen Bahn. Bundesfinanzminister EICHEL, SPD, akzeptiert die vom Land geplante Vorfinanzierung des Streckenbaus.


Finanzierungsvereinbahrungen werden getroffen

Anfang 2001

Das Land Baden-Württemberg und die Tochtergesellschaft der Bahn AG, die DB Regio, schließen einen langfristigen Nahverkehrsvertrag, der zehn Jahre gilt. Dies ist für die Bahn AG von Vorteil, da unter anderem das Land BaWü deutlich höhere Trassenpreise bezahlt. Außerdem bezahlt das Land 200 Mio. DM (103 Mio. Euro) für neues Wagenmaterial im Nahverkehr. Diese stille Kofinanzierung von Stuttgart 21 wird sich im Juli und Oktober 2007 wiederholen.
Unmerkliche Finanzierungstricks sind im Öffentlichen Bereich sehr beliebt und deswegen nicht gerade selten. Finanzwissenschaftler halten unmerkliche Maßnahmen, z.B. so genannte Umwegfinanzierungen, für grundsätzlich undemokratisch.


Februar 2001

Im Februar 2001 gelingt es dem Bund und dem Land Baden-Württemberg, sich auf eine Vorfinanzierung für das Projekt Stuttgart 21 zu einigen. Die Vorfinanzierung soll den Baubeginn 2004 möglich machen. Die Rückzahlungen sollen ab 2011 über einen Zeitraum von acht Jahren stattfinden.


25.03.2001

Landtagswahlen Baden-Württemberg:
Große Gewinnerin ist diesesmal die SPD, alle anderen verlieren Stimmen, die Republikaner ziehen nicht mehr in den Stuttgarter Landtag ein. Es regiert weiter Erwin TEUFEL mit seiner CDU und der FDP.


24. Juli 2001

Zusatz zum Rahmenvertrag von 1995: In einer Ergänzungsvereinbarung zwischen der Deutsche Bahn AG, der Stadt Stuttgart, dem Land Baden-Württemberg und der Region wird festgelegt, dass jeder der Beteiligten bestimmte Finanzierungspflichten zu S21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (NBS) übernimmt. So soll sich die Stadt Stuttgart mit 50 Millionen DM an der Vorfinanzierung durch das Land beteiligen.


Das Bauvorhaben wird offiziell beantragt

Bis zum Ende des Jahres 2001

Am 17. Dezember 2001 beantragt die DB Netz AG, vertreten durch die DB ProjektBau GmbH, beim Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle Karlsruhe/Stuttgart, das Planfeststellungsverfahren für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“, Planfeststellungsabschnitt 1.2 (Fildertunnel).

Die Planfeststellung ist in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Verwaltungsrecht des Bundes und der Länder ein besonderes Verwaltungsverfahren, welches für Bauvorhaben in den gesetzlich dafür vorgesehenen Fällen durchgeführt wird. Bei normalen Bauvorhaben (z.B. Gebäude) macht man das über einen Flächennutzungs- oder Bebauungsplan. Die Planfeststellung ist ein behördlicher Verwaltungsakt, gegen den man – wie bei allen Verwaltungsakten - vor dem Verwaltungsgericht klagen kann

Zur Erinnerung: Die für ihr Projekt Stuttgart 21 werbende Stadt rühmt beharrlich den Umstand, dass die Bürger in den rechtlichen Planfeststellungsverfahren mehr als 10.000 Eingaben und Einwände einbringen konnten. Nicht erwähnt wird dabei die Tatsache, dass diese Eingaben nur dann Erfolgsaussichten haben, wenn sie nur Korrekturen und Detailbeschwerden formulieren. Eingaben und Einwände, die das Projekt Stuttgart 21 jedoch ablehnen oder durch Alternativen ersetzen wollen, werden nicht berücksichtigt.


Dezember 2001

Die Stadt Stuttgart erwirbt von der Deutschen Bahn für das Projekt frei werdende Grundstücke, die an den Hauptbahnhof grenzen: ein Gelände von ca. 109 Hektar, im Gesamtwert von 459 Millionen Euro. Durch den Bau des Tunnelbahnhofs lassen sich diese Grundstücke neu verwerten.


Juli 2002

Finanzierungsvertrag für den Bau des Filderbahnhofs, unterschrieben von der Deutsche Bahn AG, dem Land Baden-Württemberg und dem Flughafen Stuttgart. Der Filderbahnhof ist ein fester Bestandteil des Stuttgart 21- Projekts. Es soll ein Fern- und Regionalbahnhof auf dem Gelände des Flughafens Stuttgart werden. Die geplanten Gesamtkosten betragen zu diesem Zeitpunkt 128 Millionen Euro – vergleichsweise billig im Verhältnis zu den anderen Kostenschätzungen.


August 2002

Das Eisenbahn-Bundesamt beantragt beim Regierungspräsidium Stuttgart die Durchführung des Anhörungsverfahrens für das erste Planfeststellungsverfahren. Das wird noch im selben Monat eingeleitet.

Das Anhörungsverfahren ist Teil des Planfeststellungsverfahrens und muss durchgeführt werden, damit überhaupt gebaut werden kann.


April 2003

Im Stuttgarter Stadtbezirk Bad Cannstatt beginnt eine öffentliche Erörterung der Pläne der Bahn für den ersten von sieben Planungsabschnitten des Projekts Stuttgart 21, PFA 1.1 Talquerung mit Hauptbahnhof. Da die Veranstaltung öffentlich ist, erscheinen hunderte von Teilnehmern. Diverse Bürgerinitiative versuchen erfolglos das Projekt bei diesem Verfahren zu stoppen, Anfang 2005 wird die Baugenehmigung mit dem Planstellungsbeschluss für den PFA 1.1 erteilt.


2004/2005

Die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard SCHRÖDER (SPD) behält die Position der früheren CDU geführten Regierung bei: Das Projekt S21 wird weiterhin unterstützt und auch ko-finanziert. Achim GROßMANN (SPD), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, schreibt am 31.05.2005 an Boris PALMER (MdL, die Grünen):"Die Beteiligung des Bundes an S 21 ist in Höhe von 453 Mio Euro plafondiert (-gedeckelt)".


Die Pläne zum Bau werden öffentlich

13.06.2004

Gemeinderatswahlen Stadtkreis Stuttgart:
Gewinner sind mit 3 zusätzlichen Mandaten die Grünen, die dem Stuttgart 21-Vorhaben skeptisch gegenüber stehen. Die CDU verliert 4 Mandate, die SPD eines:


Juli 2004

Eine eigene Wirtschaftlichkeitsberechnung der BAHN AG beziffert die Kosten inzwischen auf 2,8 Milliarden Euro - also erheblich mehr, als bisher angenommen bzw. nach außen hin kommuniziert.


Oktober 2004

Am 10.10.2004 findet in Stuttgart die Wahl des Oberbürgermeisters statt. Keiner der Spitzenkandidaten kann jedoch eine Mehrheit über 50% erzielen. Boris PALMER, (Kandidat der Grünen) sieht mit seinen 21,5% der Stimmen keine Chance, die Stichwahl gegen den bisherigen OB SCHUSTER (43,5%) zu gewinnen.
Es kommt daher zu einer politischen Absprache zwischen ihm und dem CDU-Bürgermeister, bei dem er die mehr Übereinstimmungen in der Sache sieht als bei dem sozialdemokratischen Kandidaten:

  • PALMER verzichtet zugunsten SCHUSTER
  • SCHUSTER sagt zu, einen Bürgerentscheid zuzulassen, falls sich die Kosten des Projekts deutlich steigern sollten

SCHUSTER gewinnt die Stichwahl.


Januar 2005

Der Abschnitt „Talquerung“ wird als erstes, danach werden die Abschnitte Filderaufstieg und die Strecke nach Feuerbach und nach Wangen/Untertürkheim planfestgestellt.


28.01.2005

Im Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2010 wird beschrieben, dass das öffentliche Interesse am Projekt Stuttgart 11 und der Erhalt der Gesamtanlagen den Denkmalschutz überwiegen.


Februar 2005

Nachdem das Eisenbahn-Bundesamt die Baugenehmigung für Stuttgart 21 erteilt hat, steht der Tieferlegung des Bahnhofs zunächst nichts mehr im Wege.


April 2005

Günther OETTINGER, CDU, wird neuer Ministerpräsident. Er spricht sich für Stuttgart 21 aus.


März 2006

Bundeskanzlerin Angela MERKEL, CDU, steht hinter Stuttgart 21 und sagt in einem Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten:“Wir wollen, dass es zu Stande kommt.“


26.03.2006

Die CDU und die FDP erneuern ihre Koalition. OETTINGER bleibt Ministerpräsident. Die Wahlergebnisse der Landtagswahlen Baden-Württemberg:


April 2006

Es werden die ersten Klagen gegen den geplanten Umbau des Hauptbahnhofs beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg eingereicht. Dieses weist alle Klagen gegen die Neuordnung des Bahnknotens allerdings ab. Auch die von den Klägern, dem Bund für Umwelt und Naturschutz (B.U.N.D.), die unter anderem landesweit 50.000 Protestkarten ausgeteilt haben, sowie zwei Hausbesitzern, geforderte Sanierung des bestehenden Hauptbahnhofs sieht das Gericht als ungenügende Alternative an. Der VGH entscheidet, dass das Projekt trotz Eingriffen ins Privateigentum, Grundwasser und Landschaft „kein planerischer Missgriff“ sei. Gegner des Projekts fangen daraufhin an, Unterschriften für einen Bürgerentscheid zu sammeln, der das Projekt stoppen soll
Hier die Urteilsbegründung des VGH BaWü


Sommer 2006

OETTINGER sichert sich die Unterstützung für Stuttgart 21 von Bankenvertretern und Vertretern der Bauwirtschaft. Auch Politrentner wie Ex-Ministerpräsident Lothar SPÄTH (CDU), Ex-OB ROMMEL (CDU) und Ex-Bundesarbeitsminister RIESTER (SPD) unterstützen das Milliardenprojekt.


September 2006

Peter BALAZS, EU-Koordinator zuständig für die Eisenbahnachse Paris-Bratislava, rät der EU, den Gleisteil Stuttgart-Ulm finanziell zu fördern.

Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn gibt die neuen Kosten mit 2,8 Milliarden Euro an:


Der Bau von Stuttgart 21 wird beschlossen

Oktober 2006

Der baden-württembergische Landtag beschließt mit 115 gegen die 15 Stimmen der Fraktion der Grünen den Bau von Stuttgart 21 und gibt grünes Licht für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Zur gleichen Zeit vertagt der Bund seine Entscheidung über eine Beteiligung an dem inzwischen 2,8 Milliarden Euro teuren Projekt (5,6 Mrd. DM). 1995 lagen die geschätzten Kosten bei 2,5 Mrd. Euro.


November 2006

Die Deutsche Bahn führt eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch - zu Stuttgart 21 und zur Neubaustrecke nach Ulm. Ergebnis: Bei dem derzeitigen Kostenvolumen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro gibt es ein Baukostenrisiko von ca. 1 Mrd. Euro, um die sich alles erhöhen könnte. Diese zusätzlichen Kosten sollen von der Deutschen Bahn und vom Land Baden-Württemberg getragen werden.


Februar 2007

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Würtemberg weist erneut vier Klagen zurück, die gegen den Fildertunnel eingegangen sind. Es finden Demos vor der IHK in Stuttgart gegen Stuttgart 21 und aktuellen Zugausfällen im Nahverkehr statt.


Mai 2007

Erste landesweite Umfragen des B.U.N.D. im Mai 2007 und August 2008 lassen erkennen, dass breite Schichten der Bevölkerung gegen das Projekt Stuttgart 21 sind.


Juli 2007

Bund, Bahn, Land und Stadt einigen sich am 19. Juli 2007 in Berlin in einem Memorandum of Understanding auf die Finanzierung. Jedoch steht eine bindende Finanzierungsvereinbarung noch aus.
Bei den Gesprächen wird auch bekannt, dass Baden-Württemberg unter Ministerpräsident OETTINGER, CDU (2005 bis 2010) einen höheren Anteil übernimmt als bislang geplant: Das Land übernimmt zwei Milliarden Euro für S21 als Kostenrisiken und kofinanziert die Neubaustrecke (NBS) Wendlingen-Ulm mit 950 Millionen Euro: Im Jahr 2010 kann mit dem Bau von Stuttgart 21 begonnen werden.


August 2007

Die Landesregierung muss am 19. August 2007 Fehler bei der Planung des Projekt eingestehen - zum ersten Mal. Stuttgart 21 wird teurer als geplant. An Stelle der kalkulierten 2,8 Milliarden Euro soll das Projekt jetzt mehr als 3 Milliarden Euro verschlingen.


September 2007

Die Initiativen "Leben in Stuttgart", der B.U.N.D., die Grünen, "ProBahn" und VCD schließen sich zusammen zum Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21.


24.09.2007

Rund 5.000 Teilnehmer versammeln sich bei der ersten Großdemo gegen Stuttgart 21 auf dem Stuttgarter Marktplatz.


Ausstiegsklauseln im Finanzierungsvertrag

Oktober 2007

Am 4. Oktober 2007 fordert Werner WÖLFE, Grünen-Stadtrat im Stuttgarter Rathaus, Oberbürgermeister SCHUSTER auf “mit der Unterschrift (...) zu warten, bis klar ist, ob es zu einem Bürgerentscheid kommt”. Über den Bürgerentscheid stimmt der Gemeinderat nicht ab.

Einen Tag später, am 5. Oktober 2007, wird die Ergänzungsvereinbarung zu S21 von Land, Stadt (OB SCHUSTER) und Region unterschrieben, um so der Unterschriftenaktion zuvorzukommen. Die Region Stuttgart und die Stadt Stuttgart (beide Mitglied im Lenkungskreis S21) beteiligen sich damit verbindlich an S21 und geben dem Land somit grünes Licht, die Finanzierungsvereinbarung mit Bund und Bahn in ihrem Namen abzuschließen. Der Verband Region Stuttgart steuert 100 Mio Euro für S21 bei, was "frühestens ab April 2010 in acht gleichen Jahresraten bezahlt" werde.


Bürgerentscheid über Stuttgart 21

November 2007

Bürgerentscheid über Stuttgart 21. Am 11. November mischen sich Naturschützer, Bürgerinitiativen und Grüne in das Projekt ein und präsentieren das Ergebnis ihrer Unterschriftenaktion: Für einen Bürgerentscheid über Stuttgart 21 haben sich 67.000 Menschen durch ihre Unterschrift ausgesprochen.


Dezember 2007

Das Vorhaben eines Bürgerentscheids wird am 20. Dezember 2007 vom Gemeinderat mit 45 Stimmen zu 15 Stimmen abgelehnt. Neben den Grünen machen sich 5 andere Gemeinderatsmitglieder anderer Fraktionen für diese Form demokratischer Mitsprache stark. Begründung der Mehrheit, einen Bürgerentscheid (Volksabstimmung) abzulehnen: Die grundsätzlichen Beschlüsse seien schon vor vielen Jahren gefallen. 500 Menschen demonstrieren während der Gemeinderatssitzung vor und im Rathaus.

Bereits am 13. Dezember 2007 hatte Oberbürgermeister SCHUSTER zusammen mit dem Bürgermeister für Recht, Sicherheit und Ordnung DR. SCHAIER die Ergebnisse der Unterschriftenprüfung vorgestellt:

  • Die erforderliche Zahl von 20.000 Unterschriften von Stuttgarter Bürger wurde erreicht. Sie wurde sogar überschritten.
  • Aber: Rechtlich ist das Bürgerbegehren nicht zulässig, da sich der Bürgerentscheid gegen die Grundsatzbeschlüsse des Gemeindesrats richtet. Diese wurden 1995 (Rahmenvereinbarung) und 2001 (Ergänzungsvereinbarung) geschlossen.
  • Nach der Gemeindeordnung für das Land Baden-Württemberg, die eine Antragspflicht von sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Gemeineordnung vorsieht, ist der Bürgerentscheid somit verfristet, sprich: Es ist zu spät.


Zur Erinnerung: Oberbürgermeister SCHUSTER unterschrieb die Finanzierungsvereinbarung nur einen einzigen Tag vor der Abgabe der vielen Unterschriften.
Erst ein ganzes Jahr werden dann die Projektpartner Bahn und Land folgen - so gesehen gibt es - eigentlich - keinen Grund zur Eile.


Juli 2008

Das Gutachterbüro VIEREGG-RÖSSLER, von den Grünen beauftragt, stellt eine Studie vor. Danach werden die gesamten Kosten für Stuttgart 21 zwischen 6,9 und 8,7 Milliarden Euro liegen

Der Stuttgarter Bahnhof wird "80" - die Bahn veranstaltet ein großes Geburtstagsfest auf dem Schlossplatz mit allem drum und dran. 4.500 Bürger unterschreiben auf einer 55 Meter langen Geburtstagskarte und richten ihre Glückwünsche für Erhalt des Kopfbahnhofs aus. Robin Wood zeigt ein Plakat mit der Aufschrift „K21 statt S21“ am Bahnhofsturm.


August 2008

Die Landesregierung gibt im August 2008 bekannt, dass die Gesamtkosten für Stuttgart 21 insgesamt 5,1 (exakt 5,08) Milliarden Euro betragen. 3,1 Milliarden inklusive 1,45 Milliarden für Risikovorsorge entfallen davon auf Stuttgart 21. Für die Neubaustrecke Richtung Um sind 2 Milliarden vorgesehen.

Der Bundesrechnungshof warnt vor Mehrkosten bei Stuttgart 21. Eine Finanzierungsvereinbarung gab es bis jetzt noch nicht. OETTINGER kündigt sie für Ende Oktober an. Das Bundesverkehrsministerium rechnet damit im Frühjahr 2009.

Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 reicht durch seinen Vertreter Gangolf STOCKER eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Ablehnung des Bürgerentscheids ein.


Oktober 2008

Auch der Bundesrechnungshof (BHR) warnt vor absehbaren Mehrkosten bei Stuttgart 21. Eine eigene Kostenschätzung ergibt 5,4 Milliarden Euro.

270 Denkmalschützer und Architekten schließen sich weltweit mit Matthias ROSER, Architekturhistoriker, zusammen, um für den Erhalt des Seitenflügels des Bonatz-Baues zu kämpfen.

Vor dem Hauptbahnhof bildet sich eine Menschenkette aus 8.000 Bürgern.


November 2008

Der Bundesrechnungshof (BRH) sagt am 2. November 2008 Mehrkosten von über 2,4 Mrd. Euro für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke (NBS) und erklärt S21 zum Bundesprojekt. Die Finanzkontrolleure prognistieren Gesamtkosten für Stuttgart 21 von mehr als fünf Milliarden Euro. Der Bund ignoriert allerdings die Warnungen des BHR diesbezüglich.

Das Milliardenprojekt S21 wird am 28. November 2008 Thema im Deutschen Bundestag. Im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan für 2009 wird auch der Finanzierungsanteil für Stuttgart 21 verabschiedet und aus Bundesmitteln gebaut werden. Stuttgart 21 steht nichts mehr im Weg und wird nun endgültig frei gegeben.

Eine Umfrage der Stuttgarter Nachrichten ergibt, dass 64% der Bürger und Bürgerinnen der Stadt und Region gegen Stuttgart 21 sind.


Die Finanzierungsvereinbarung wird unterschrieben

01.04.2009

Der SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang DREXLER verkündet, dass am 2. April die Finanzierungsvereinbarung unterschrieben werden soll. Der kurzfristige Termin für die Unterzeichnung löst in der Öffentlichkeit Erstaunen aus. Die Stuttgarter Zeitung schreibt "da dachte man im ersten Augenblick an einen Aprilscherz."

Doch der Kommunalwahlkampf in Baden-Württemberg steht bevor, weshalb die Beteiligten es offenbar eilig haben. Und auch in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise soll ein politisches Zeichen gesetzt werden: Stuttgart 21 schafft rund 6.000 Arbeitsplätze und sichert viele Tausend bestehende in der Bauindustrie. Mit der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21 gilt das Milliardenprojekt als unumkehrbar.


02.04.2009

Bundesverkehrsminister Wolfgang TIEFENSEE (SPD), Ministerpräsident Günther OETTINGER (CDU) und der Bahn-Vorstand Stefan GARBER unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21 in der Villa Reitzenstein, dem Amtssitz des Staatsministeriums Baden-Württemberg und des Ministerpräsidenten. Die Finanzierungsvereinbarung zum Bahnprojekt Stuttgart-Ulm beinhaltet unter anderem die Projektübersicht und die Baumaßnahmen für die Strecke Stuttgart 21 und die Bahnhöfe sowie für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Die Kosten steigen dabei auf 3 Milliarden Euro.

Auszug aus der Projektübersicht zur Streckenführung Stuttgart 21:

(Grafik: DB)

Günther OETTINGER verkündet: "Die Weichen für das Jahrhundertprojekt sind gestellt. Mit der heutigen Unterzeichnung der Finanzierungsverträge durch die Projektpartner ist das Bahnprojekt Stuttgart - Ulm jetzt auch vertraglich in trockenen Tüchern." Ein klares Signal an die Projektgegner:"Weiterer Widerstand ist zwecklos."

Doch Widerstand formiert sich: Rund 80 Projektgegner demonstrieren gegen Stuttgart 21 vor dem Haupteingang der Villa Rietzenstein. Sie verweisen auf die 67.000 gesammelten Unterschriften für einen Bürgerentscheid und zeigen auf Plakaten, was sie von dieser Politik halten: "Unumkehrbar erscheint nur die Arroganz der Macht."


01.05.2009

Rüdiger GRUBE wird neuer Bahn-Chef und Nachfolger von Hartmut MEHDORN. MEHDORN muss zurücktreten, da er flächendeckend die Bahnbeschäftigten sowie kritische Journalisten hatte bespitzeln lassen. GRUBE war von 1990 bis 1992 Büroleiter MEHDORNS bei Airbus, anschließend im Vorstand von Daimler-Benz und Verwaltungsratsvorsitzender beim Rüstungskonzern EADS.


Bürger nehmen politisch Einfluss

07.06.2009

Die Bürger versuchen politisch Einfluss zu nehmen: Bei der Kommunalwahl werden die Grünen mit 25,3 % die stärkste Fraktion im Stuttgarter Rathaus und lösen die CDU ab. Die jahrelange Ablehnung des Bahnprojektes der Grünen und die im April unterschriebene Finanzierungsvereinbarung, die von SPD und CDU getragen wird, sind entscheidend für den Wahlausgang.

Angesichts der zunehmenden Öffentlichkeit um das Thema Stuttgart 21 sind die Grünen (+ 5 Sitze) und die FDP (+3 Sitze) klare Gewinner, wobei die Freien Demokraten aber für das Projekt sind. CDU und SPD verlieren zusammen 10 Sitze. Die Grünen sind jetzt zur stärksten Fraktion geworden:

Eine Umfrage von "infratest dimap" ergibt zu "Pro oder Contra S21?" ein klares Bild:

Und: Hatte Stuttgart 21 Einfluss auf die Kommunalwahlen?

39% der Wähler geben in der Umfrage von infratest dimap an, dass sie bei der Kommunalwahl durch Stuttgart 21 beeinflusst wurden.


Juli 2009

Die Landes-CDU empfängt Spenden von 70.000 Euro vom Eigentümer des weltweit größten Tunnelbauers Martin HERRENKNECHT. HERRENKNECHT ist einer der Hauptprofiteure von Stuttgart 21 und der NBS.


Studie-K+P

10.07.2009

"In Wirklichkeit ist Stuttgart einer der leistungsfähigsten deutschen Bahnknoten. Engpässe sind bis 2025 kaum zu befürchten" schreibt am 19. August 2010 die Frankfurter Rundschau (FR). Die Tageszeitung beruft sich hierbei unter anderem auf eine Studie zum Schienenersatzverkehr in Baden-Württemberg des Gutachterbüros K+P, die am 10. Juli 2009 von der IHK veröffentlicht wurde. Der viel beschworene Verkehrskollaps der Projektbefürworter drohe demnach nicht. Dafür fehlt an anderer Stelle wie etwa dem Rheintal das Geld zum Ausbau des Güterverkehrs.


Bürgerbescheid wird abgelehnt

17.07.2009

Das Verwaltungsgericht Stuttgart beschließt, dass der Gemeinderat den Bürgerentscheid der Grünen und der Projektgegner 2007 zu Recht abgelehnt hat. Die Stadt dürfe nicht durch ein Bürgerbegehren zu einer rechtswidrigen Aktion gezwungen werden, denn sie sei längst vertraglich und gemeinderechtlich an Stuttgart 21 gebunden. Schließlich lägen mit der Rahmen- und der Realisierungsvereinbarung aus den Jahren 1995 und 2001 "bindende Gemeinderatsbeschlüsse" mit "rechtlich verbindlichen Vereinbarungen" vor.

Zur Erinnerung: Am 7. November 1995 schloss die Stadt mit den anderen Projektträgern eine Rahmenvereinbarung ab, die Stuttgart 21 vertraglich festlegte. Am 30. November stimmte der Gemeinderat zu. Am 24. Juli 2001 traf die Stadt eine Realisierungsvereinbarung, auf der die Finanzierungspflichten bestimmt wurden, weshalb ein Ausstieg der Stadt rechtlich nicht mehr in Betracht käme.


01.10.2009

Bahn-Chef Rüdiger GRUBE kündigt eine Informationsoffensive zum Bahnprojekt an. SPD-Abgeordnete Wolfgang DREXLER tritt sein Amt als "Mister Stuttgart 21" an. Seit Beginn seiner politischen Laufbahn bei der SPD beschäftigt sich DREXLER mit der Bahn- und Stadtplanung – unter anderem im Umwelt- und Verkehrsausschuss im Landtag. Nun soll er als ehrenamtlicher Sprecher des Großprojekts die Bürger mit Fakten von dem Milliardenprojekt überzeugen

Bereits Ende Juli gab GRUBE zu, dass die Stadt, die Landesregierung und die Bahn es offenkundig versäumt hätten, die Stuttgarter Bürger für das Projekt zu gewinnen.Trotz des Kommunalwahlsieges der Grünen stellen SPD und CDU die parlamentarische Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat. Und die sind entschieden für das Prestigeobjekt.


26.10.2009

Die erste Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 findet mit vier Teilnehmern statt. Bereits eine Woche später sind es schon 20. Bei der nächsten werden es 150 sein und wieder eine Woche später 600. Protest und Widerstand beginnen sich ihren Weg zu bahnen.


Kosten explodieren

08.11.2009

Bahn-Chef Rüdiger GRUBE gibt erstmals öffentlich zu, dass das Bahnprojekt definitiv teurer wird als zuvor kalkuliert. "Wir werden in der Tat nicht mit 3,076 Milliarden Euro auskommen" zitiert die Stuttgarter Zeitung GRUBE. Die Grenze der Gesamtkosten einschließlich des Risikofonds von 1,45 Milliarden Euro wird allerdings nicht überschritten: "Für mich liegt die Sollbruchstelle bei 4,5 Milliarden Euro." Zur genauen Höhe der Mehrkosten will sich GRUBE mit den Projektpartnern aber erst gegen Ende des Jahres äußern.

In der Presse wird derweil bekannt, dass die Kosten nach internen Berechnungen der Bahn für S21 wohl bei 4,9 Mio. Euro liegen und somit die sogenannte Sollbruchstelle um 400.000 Euro überschritten wird.


Im selben Monat kommt es auch zu einem Gespräch zwischen Gangolf STOCKER und Bahnchef GRUBE. GRUBE äußert Verständnis für die S21-Gegener. An seiner Entscheidung allerdings hält er fest.


25.11.2009

Namhafte Mitglieder des Internationalen Denkmalrats Icomos (International Council on Monuments and Sites) fordern die Aufnahme des Bahnhofsgebäudes in das Unesco-Weltkulturerbe, um den Stuttgarter Hauptbahnhof vollständig vor dem Abriss zu bewahren.


09.12.2009

Rüdiger GRUBE präsentiert dem Bahn-Aufsichtsrat und den Projektpartnern eine neue Kostenschätzung von 4,1 Milliarden Euro, womit die politische Sollbruchstelle von 4,5 Milliarden Euro gewahrt bleibt. Trotz der Kostensteigerung von 3,1 auf 4,1 Millarden Euro genehmigt der Bahn-Aufsichtsrat das Projekt. Die Stuttgarter Zeitung: "Jetzt können die Bagger kommen".

Nach Einschätzung der Projektgegner K21 (steht für Kopfbahnhof 21) handelt es sich bei dieser Rechnung um eine rein politische Zahl. Bahn-Chef GRUBE soll die tatsächlichen Kosten auf 4,774 Milliarden Euro beziffert haben. Durch den Bau von dünneren Tunnelwänden und durch osteuropäische Billigarbeiter sollen insgesamt 800 Millionen eingespart werden. Mehr dazu im K21-Artikel "Die Kostenlüge".

Im Februar 2010 erreicht den Aufsichtsrat eine 50-seitige Expertise der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhause Coopers (PWC), die von der Bahn selbst beauftragt wurde. Der Bahn-Aufsichtsrat erhält das Gutachten erst von den Prüfern, als das Projekt schon längst im Dezember beschlossen war. Der Aufsichtsrat hatte somit nicht die Möglichkeit, die Kostenkalkulation für Stuttgart 21 neu zu bewerten, um dann eine Entscheidung zu treffen.
Zum verspäteten PWC-Bericht äußert sich Winfried HERMANN von den Grünen, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, wie folgt: "Die Bahnspitze hat die internen Warninstrumente vor der hektischen Entscheidung für S 21 offenbar ganz gezielt ausgeknipst".

In einem Artikel vom 19. August 2010 berichtet die Frankfurter Rundschau über ein geheimes internes DB-Papier von Dezember 2009, welches ihr vorliegt und nur zwei Dutzend Experten zugänglich ist. Dieses beweist, dass die Modernisierung des Kopfbahnhofs mit 340 Millionen Euro bis 2020 deutlich weniger kosten würde als Stuttgart 21. Anders als von der Bahn behauptet, würde der Ausstieg aus Stuttgart 21 gerade mal 73 Millionen Euro kosten, denn so hoch seien die bisher entstandenen Kosten der DB.


14.12.2009

Im Zeitraum vom 2. bis 14. Dezember 2009 führt das Forschungs- und Umfrageinstitut Emnid mit 1000 Baden-Württembergern eine Umfrage durch, ob das Land Baden-Württemberg auch weiterhin S21 mitfinanzieren soll, auch wenn die Baukosten, die noch vor einem Jahr auf etwa 3 Milliarden Euro geschätzt wurden, auf über 4 Milliarden Euro ansteigen. Die Mehrheit der Baden-Württembergern sind sich einig, dass dies untragbar ist:

In einer Emnid-Studie geben 58% der Baden-Württemberger an, dass sie gegen Stuttgart 21 sind, nur 38% sind für das Bahnprojekt.


16.12.2009

Die Deutsche Bahn präsentiert im Verkehrsausschuss des Bundestages ihren Bericht zu Stuttgart 21. Winfried HERMANN (MdB der Grünen) äußert sich dazu wie folgt:

"Die Entscheidung für Stuttgart 21 wird die Bahnkunden im Raum Stuttgart schon vor der Inbetriebnahme teuer zu stehen kommen. Denn Infrastrukturvorstand Dr. Volker Kefer bestätigte, dass die Trassen- und Stationspreise möglicherweise schon ab nächstem Jahr steigen würden, um diesen Projekt mitzufinanzieren. Die Folge wird sein, dass im Nahverkehr entweder Züge abbestellt oder die Fahrpreise erhöht werden müssen."

Die Grünen wollen wegen der weiteren Kostenexplosionen einen Planungsstopp im Bundestag fordern, der jedoch an der Mehrheit scheitert.


17.12.2009

Am 17. Dezember 2009 schreibten die Stuttgarter Nachrichten: "Das Projekt Stuttgart 21 leistet einen erheblichen Beitrag zu schwarzen Zahlen in der 2009er-Bilanz der Deutschen Bahn AG. ... Die Bahn löst in diesem Jahr 615 Millionen Euro Rücklagen auf, die für Stuttgart21 gebildet worden waren. Das Geld stammt aus Grundstücksverkäufen an die Stadt. Es solle 'in vollem Umfang dem außerordentlichen Ergebnis zugeführt werden', heißt es in einem Vorstandspapier, das unserer Zeitung vorliegt. Damit könnte die Bahn 2009 einen Gewinn von über einer Milliarde Euro ausweisen. Ohne die Bilanzkosmetik droht der Fall unter die magische Milliardenmarke."
Weiterhin heißt es im internen DB-Bericht, seien die bezifferten Sparpotenziale des Bahnprojekts S21 von Bahnchef-Grube "ohne vertiefte Planung abgeschätzt". GRUBE hatte zuvor bei der Kostenkalkulation auf 4,1 Mrd. Euro fast 900 Mio. Euro Einsparungen unterstellt.