Kevin - eine ausführliche Rekonstruktion
von Anfang an
15.12.1964
Bernd Kk., der (angebliche) Vater und spätere Mörder von Kevins K., wird geboren. Durch einen DNA-Test nach Kevins Tod wird sich herausstellen, dass Bernd Kk. nicht der leibliche Vater ist. Wir bezeichnen ihn deshalb als „Ziehvater“
17.10.1969
Sandra K., die Mutter von Kevin wird geboren
1977
Der Vater von Bernd Kk. nimmt sich das Leben. Auch der Vater von Sandra K. hat sich 1977 das Leben genommen
10.05.1983
Bernd Kk. wird u.a. wegen Besitzes von Haschisch zu einer Jugendstrafe verurteilt
05.11.1991
Bernd Kk., 26Jahre, wird erneut wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes verurteilt
29.04.1999
1999 wird ein Jahr, in dem die Medien aufgrund mehrerer Vorfälle sich mit dem Thema Vernachlässigung und Missbrauch von Kindern beschäftigen. Das Politmagazin Kontraste berichtet in seiner Sendung „Missbrauch und Tod von Kindern – Hat das Jugendamt Schuld?“ (ist beim rbb nicht mehr online erreichbar) von der 11 jährigen Anke, die beim Jugendamt in Premnitz bat, in ein Heim zu dürfen – ihre Mutter würde sie schlagen.
Auf dem Amt nahm man diese dringende Bitte nicht ernst. Nun ist ihr Bruder tot, erdrosselt vom Stiefvater, der Anke jahrelang missbraucht hat. Der kleine Bruder wollte sie beschützen, weil sonst kein anderer Erwachsener etwas unternommen hatte.
Dieser aus Rundfunkgebühren finanzierte TV-Beitrag ist seit 2010 nicht mehr online. Auch die Redaktion Kontraste des RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) gehört inzwischen zu jenen Sendern, die ihre „öffentlich-rechtliche“ Aufgabe nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Die Funktion, Bestandteil des „öffentlichen Gedächtnis“ zu sein, um ‚einen besonderen Blick auf den gesellschaftlichen Diskurs zu ermöglichen’ (Kontraste über Kontraste), hat die Redaktion seither auf einige Themenfelder begrenzt. Darüber entscheidet sie selbst – nicht mehr der User
08.07.1999
Kontraste berichtet erneut unter dem Titel „Allein gelassen und verdurstet. Zwei Kinder sterben und alle schauen tatenlos zu“ (ist beim rbb nicht mehr online erreichbar), Tatort: Frankfurt / Oder. Dort sterben zwei Kinder, obwohl das Jugendamt über die Problematik Bescheid wusste. Die Nachbarn weisen alle Schuld von sich - sie wollen nichts bemerkt haben.
Die Filmemacherin Aelrun GOETTE wird 2003 zu dem online nicht mehr zugänglichen Bericht einen Dokumentarfilm "Die Kinder sind tot" drehen, der große Beachtung findet
22.12.1999- 20.11.2002
Haftstrafe für die spätere Mutter von Kevin, Sandra K, u.a. wegen räuberischen Diebstahls. Sandra K. ist drogenabhängig. Sie nimmt seit ihrem 14. Geburtstag Heroin und fällt der Polizei des Öfteren wegen Beschaffungskriminalität auf. Insgesamt wird sie zeitlebens ca. sieben Jahre in Haft sein
20.12.2002
Bernd Kk., inzwischen 38 Jahre, wird aus der Haft entlassen. Insgesamt saß er seit seinem 14. Lebensjahr mit Unterbrechungen rund 12 Jahre in Haft
14.08.2003
Kontraste ist erneut auf Sendung mit dem Thema: „Ist ja nur ein blauer Fleck – Wie Gewalt gegen Kinder vertuscht wird“ (ist beim rbb nicht mehr online erreichbar)
05.2003- 10.10.2006
Bernd Kk. nimmt an einem Methadonprogramm teil
23.01.2004
Kevin K. wird geboren
05.02.2004
Besprechung im Klinikum Bremen-Nord wegen Kevin. Es nehmen teil: die Eltern von Kevin, ein Oberarzt, eine Krankenschwester, eine Mitarbeiterin des Sozialdienstes der Klinik, eine Familien-Hebamme des Gesundheitsamtes Horner Straße, ein Vertreter des Suchtvereins Ani Avati und eine Mitarbeiterin des AK Kommunale Drogenpolitik. In dem Gespräch wird darüber diskutiert, ob die Eltern das Kind versorgen können. Kevins Zustand nach der Geburt war sehr kritisch – er musste künstlich beatmet werden, insgesamt fünf Wochen lang
19.02.2004
Eine weitere Besprechung im Klinikum: Es geht um die Zukunft der Familie. Soll der Säugling zunächst zu der Schwester der Mutter oder soll die gesamte Familie zu einer Entgiftung?
09.03.2004
Kevin wird aus dem Klinikum Bremen – Nord entlassen. Seine Mutter, Sandra K. beginnt ihren Aufenthalt mit Kevin in Heiligenhafen. Bernd Kk. kommt wegen Erkrankung erst später
10.04.2004
Der Aufenthalt der Familie in der Klinik ist beendet. In den Akten des Amtes für Soziale Dienste ist hierüber nichts vermerkt. Auch nichts über zu treffende Maßnahmen, die unternommen werden müssen, wenn die Familie auf sich allein gestellt ist. Dies wird sich aber erst herausstellen, wenn nach Kevins Tod die Frage gestellt wird, was falsch gelaufen ist
03.05.2004
Der Arzt, der den Eltern Methadon gibt, teilt dem maßgeblichen Beamten des „Amtes für Soziale Dienste“, der zuständig für Kevin ist, mit, dass die Familie Hilfe benötigt. Dieser Beamte wird in der Chronologie von nun an als „Sachbearbeiter“ bezeichnet. Der Sacharbeiter ruft das Klinikum Bremen-Nord an und bittet um einen Bericht über die Familie. Das „Amt für Soziale Dienste“ gehört zum Geschäftsbereich des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales
04.05.2004
Der Sacharbeiter weist die Familie schriftlich darauf hin, dass sie sich bei eventuellen Fragen und Problemen an ihn wenden können. Bernd Kk. wiederum teilt dem Sacharbeiter mit, dass keine Hilfe benötigt werde. Eigentlich müsste der Sachbearbeiter die Familie unterstützen, weil aus den Gesprächen in der Klinik klar wird, dass die Familie dringend Hilfe benötigt. Der Sachbearbeiter belässt es trotzdem nur bei einem „Angebot“ zur Hilfe. Dies wird er auch in Zukunft tun – statt verpflichtenden Maßnahmen aufzuerlegen. Dass es sich hier um eine Problemfamilie handelt, müsste dem Sachbearbeiter klar sein. Schließlich wird Kevins Mutter bis zu ihrem Tode 7 Jahre im Gefängnis gesessen haben, Kevins Ziehvater 12 Jahre. Beide Eltern sind zudem drogenabhängig. Im Folgenden bietet er des Öfteren Hilfen an. Meist jedoch erst, wenn von Außen (z.B. Berichte von der Polizei, etc.) berichtet wird, dass Gefahr für das Kindeswohl bestehen könnte. Da ihm bekannt war, dass die Situation der Familie kritisch ist, hätte er verpflichtende Maßnahmen ergreifen müssen
28.05.2004
Der Bericht des Klinikums liegt dem Sachbearbeiter noch nicht vor. Die Mitarbeiterin des Sozialdienstes der Klinik rät jedoch, eine Familien-Hebamme einzusetzen. Daraufhin setzt sich der Sachbearbeiter mit dem methadonvergebenden Arzt in Verbindung, damit er der Familie nochmals das Angebot machen kann, die Hilfe einer Familien-Hebamme in Anspruch zu nehmen
28.05.2004
Bericht des Klinikums an den Sachbearbeiter. Darin werden Bedenken geäußert, ob die Versorgung von Kevin sichergestellt ist. Auf diesen Bericht reagiert der Sachbearbeiter ersteinmal nicht
03.08.2004
Polizeieinsatz wegen Gefährdung/Vernachlässigung/Misshandlung eines Kindes. Sandra K. läuft betrunken mit Kevin durch die Straßen. Sie wird von der Polizei aufgegriffen. Im Polizeibericht wird die Frage aufgeworfen, ob Frau K. die Versorgung des Kindes gewährleisten kann
04.08.2004
Wegen des Vorfalls am Vortage bietet der Sacharbeiter der Mutter nochmals Hilfe an. Der Sachbearbeiter hätte auf Maßnahmen bestehen müssen. Er bietet jedoch nur Hilfe an, ohne diese verpflichtend zu machen
17.08.2004
Die Eltern von Kevin suchen den Sachbearbeiter persönlich auf und teilen ihm mit, dass sie keine Hilfe benötigen. Es wird ein Hausbesuch des Sachbearbeiters vereinbart, dieser findet nie statt
21.09.2004
Bewährungsstrafe wegen Diebstahls für Sandra K.
27.09.2004- 14.10.2004
Kevin kommt, da der Kinderarzt der Familie die Mutter dazu drängt, in die Professor – Hess - Kinderklinik: Kevin hat diverse Knochenbrüche. Die Diagnose: „Multiple traumatische Frakturen, Kindesmisshandlung, Entwicklungsstörungen". Die Diagnose des Arztes lautet eindeutig: Kindesmisshandlung.
Dieser Umstand bewegt den Sachbearbeiter nicht dazu, der Familie Maßnahmen aufzuerlegen. Im Folgenden bietet er Maßnahmen an, die die Eltern ablehnen. Er müsste diese Maßnahmen verpflichtend machen
08.10.2004
Hausbesuch des Sachbearbeiters. Nur Bernd Kk. ist zu Hause, da die Mutter und das Kind im Krankenhaus sind
11.10.2004
Der Sachbearbeiter will der Familie den Dienst der „Frühen Hilfen“ vermitteln. Die „Frühen Hilfen“ werden in Bremen von der Lebenshilfe Bremen e.V. angeboten. Es gibt ein bundesweites Netzwerk der „Frühen Hilfen“. Zur Umsetzung der „Frühen Hilfen“ wird mit verschiedenen Einrichtungen, wie zum Beispiel Jugendämtern zusammengearbeitet
19.10.2004
Bernd Kk. lehnt die „Frühen Hilfen“ ab, da er deren Hilfe für unnötig hält
28.10.2004
Der Sachbearbeiter kann Bernd K. doch noch überzeugen, dass die „Frühen Hilfen“ sinnvoll sind. Es wird ein Termin für den 1.11.2004 vereinbart
01.11.2004
Hausbesuch eines Mitarbeiters der „Frühen Hilfen“. Der Gesamtzustand der Familie wird als „zufriedenstellend“ eingeschätzt
12.11.2004
Sandra K. bekommt erneut Methadon zur Drogenentwöhnung
23.11.2004
Die Mutter von Kevin, Sandra K., wird wegen Verletzung der Fürsorgepflicht angezeigt. Sie liegt betrunken und unter Drogen stehend im Hausflur und Kevin neben ihr
24.11.2004- 29.11.2004
Kevin wird, da seine Mutter die Fürsorgepflicht verletzt hat, in das Hermann-Hildebrandt-Haus gebracht. Es handelt sich um ein Kinderheim, dass von dem gemeinnützigen Lions-Club (Trägerverein der Bremer Säuglingspflege) unterstützt wird
24.11.2004
Die Eltern wollen Kevin zurück. Sie sprechen mit ihrem methadongebenden Arzt und dieser wendet sich an das Amt für Soziale Dienste. Der Arzt sieht keinen Grund, das Kind nicht den Eltern zurückzugeben
25.11.2004
Zunächst wird von Mitarbeitern des Jugendamtes (nicht vom zuständigen Sachbearbeiter des Amtes für Soziale Dienste) und Mitarbeitern des Hermann-Hildebrandt-Hauses entschieden, das Kind der Mutter nicht auszuhändigen. Der methadongebende Arzt bescheinigt Bernd Kk. jedoch, dass er sich verantwortlich um sein Kind kümmern kann
29.11.2004
Kevin kommt daher zu seinen Eltern zurück. Sie werden durch eine FIM -Maßnahme (Familie im Mittelpunkt) betreut. Kevins Eltern sollen auf diese Weise unterstützt werden. FIM ist eine Stiftung, die Eltern hilft wenn sie nicht die Versorgung, etc. ihres Kindes gewährleisten können. Welche Maßnahmen konkret bei der Familie von Kevin unternommen werden, ist nicht aus den Unterlagen ersichtlich.
Hier geht es zu der Homepage der FIM
09.12.2004
Auch der Sacharbeiter befindet, dass Kevin zu den Eltern zurück kann – schon wegen des FIM Einsatzes
13.12.2004
Attest – diesmal vom Kinderarzt des Gesundheitsamtes –, dass Kevin in einem guten Allgemeinzustand ist. Der Amts-Kinderarzt hat einen Hausbesuch bei der Familie gemacht. Auch dies sehen die FIM- Maßnahmen vor, weshalb der Hausbesuch eines unabhängigen Kinderarztes zu Stande kam. Allerdings vermerkt er in den Unterlagen, dass er dem Sachbearbeiter geraten hat, es nicht nur bei der Frühförderung zu belassen. Es sei seiner Meinung nach nicht der einzige Weg, um eine Kontrolle über die Familie zu haben. In der Akte des Sachbearbeiters wird sich später keinerlei Hinweis auf ein solches Gespräch mit dem Arzt des Gesundheitsamtes finden
2005
In diesem Jahr werden Kindesmisshandlungen und Kindervernachlässigung erneut im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stehen. In Frankreich beginnt der größte Kinderschänderprozess gegen 66 Angeklagte, in Hamburg verhungert die siebenjährige Jessica, die zuletzt ganze 9 Kilo gewogen hatte. Im Dossier der Wochenzeitung DIE ZEIT, Ausgabe Nr. 17, werden unglaublich grausame Details einer Kindesmisshandlung protokolliert, die in einem Prozess vor dem Landgericht Memmingen zur Sprache kommen: die letzten Tage der 3jährigen Karolina waren die Hölle
06.01.2005
Abschlußbericht der FIM (Familie im Mittelpunkt): die Eltern sind in der Lage Kevin zu versorgen
17.01.2005- 01.02.2005
Kevin nimmt 500 Gramm ab. Die Mutter ist zu dieser Zeit im Krankenhaus
21.01.2005
Bernd Kk. kommt zum Amt für Soziale Dienste. Er hat die Befürchtung, sein Kind werde ihm weggenommen, weil Sandra K. wieder trinke. Es gibt keine Reaktion des Amtes oder des Sachbearbeiters
04.02.2005
Der Kinderarzt der Familie, teilt dem Sachbearbeiter mit, dass das Kindswohl in Gefahr ist (500 Gramm Gewichtsverlust, Blutarmut). Außerdem haben die Eltern mehrere Kontrolltermine versäumt
11.02.2005
Das Amt für Soziale Dienste übernimmt die Kosten für eine Frühförderungsmaßnahme, die die Eltern am 28.10.2004 beantragt haben
16.02.2005
Die Eltern gehen mit Kevin zu ihrem Kinderarzt. Dieser vermerkt: Es besteht kein Grund mehr zur Sorge, die Eltern wirkten kompetent und Kevin hat zugenommen
22.02.2005
Anfrage an den Sacharbeiter seitens der Staatsanwaltschaft wegen des Vorfalls im Treppenhaus vom August des Vorjahres. Da der Sachbearbeiter und der FIM - Abschlussbericht die Lage der Familie positiv beurteilen, kommt es zu keinen strafrechtlichen Konsequenzen
11.03.2005
Der Sacharbeiter notiert sich, dass ein Mitarbeiter der Frühen Hilfe die Familie betreut und die Lage positiv einschätzt
07.04.2005
Der Mitarbeiter der Frühen Hilfe stellt seine Arbeit ein, da die Mutter nach Alfeld fährt, um dort ihr zweites Kind zur Welt zur bringen
20.04.2005
Bernd Kk. wird zu einer Geldstrafe wegen Diebstahls verurteilt
19.05.2005
In einem groß aufgemachten Bericht des Hamburger Abendblatt berichtet (anonym) eine Sozialpädagogin von „Kinderdramen hinter Wohnungstüren“
Hier geht es zu dem Bericht
29.05.2005
Sandra K. hat eine Fehlgeburt
14.06.2005
Bernd Kk. bekommt eine Bewährungsstrafe wegen räuberischen Diebstahls und Körperverletzung
22.06.2005
Der Mitarbeiter der „Frühen Hilfe“ hat seit längerem keinen Kontakt mehr zu der Familie
15.07.2005
Vier Wochen später: erneut eine Geldstrafe gegen Bernd Kk. wegen gefährlicher Körperverletzung
01.08.2005- 31.12.2005
Verlängerung der Übernahme der Kosten der Frühfördermaßnahmen für Kevin
04.08.2005
Das Fernsehmagazin panorama sendet den Bericht: „Verprügelt, verhungert, zu Tode gequält - keine Hilfe für verwahrloste Kinder“
05.11.2005
In Hamburg-Wilhelmsburg werden zwei Kinder, 4 und 2 Jahre, von der Polizei aus ihrer Wohnung geholt - , sie leben im Müll in einer abgedunkelten Dachgeschosswohnung: auf mit Exkrementen verschmierten Matratzen. Die Mutter selbst hatte die Polizei geholt – nicht wegen der Kinder, sondern wegen ihres drogenabhängigen Lebensgefährten, mit dem sie Streit hatte.
Hier geht es zu dem Bericht des Hamburger Abendblatts
12.11.2005
Die Mutter von Kevin K., Sandra K, stirbt im Alter von 36 Jahren. Die Todesursache kann nicht geklärt, Fremdverschulden nicht ausgeschlossen werden. Kevin wird in das Hermann-Hildebrand-Haus gebracht. Der Ziehater von Kevin wird in die Klinik Dr. Heines zwangseingewiesen. Bei dem Notarzteinsatz behindert er die Rettungsversuche, in dem er die Helfer von Sandra K. fernzuhalten versucht
14.11.2005
Aufgrund eines Tipps des für Amtsvormundschaften zuständigen Mitarbeiters des Amtes für Soziale Dienste stellt der Sachbearbeiter jetzt beim Bremer Amtsgericht den Antrag auf Übertragung der elterlichen Fürsorge von Kevin auf einen Amtsvormund
17.11.2005
Die Familienrichterin des Amtsgerichts Bremen stimmt dem Antrag des Sachbearbeiters zu und überträgt die Vormundschaft auf das Jugendamt Bremen, Abteilung Amtsvormundschaft. Dies ist der Beginn der Amtsvormundschaft des Jugendamtes
18.11.2005
Aufnahmebericht des Hermann-Hildebrand-Hauses über den Zustand von Kevin: Er sei ausreichend ernährt, aber deutlich zu leicht. Seine Fähigkeiten sind nicht altersgerecht und er ist deutlich zurückgeblieben, zeigt kaum Emotionen. Als der Vater ihn besucht, steht er unter Drogen oder Medikamenten
21.11.2005
Der Ziehvater meldet sich bei der Dr. Heines-Klinik ab. Er teilt dem Amt für Soziale Dienste mit, dass er Kevin zurück haben möchte. Der methadongebende Arzt und der neu eingesetzte Amtsvormund befürworten die Rückführung von Kevin zu seinem Vater.
Die Mitarbeiter des Hermann-Hildebrand-Hauses sprechen sich jedoch eindeutig gegen die Rückführung von Kevin an den Ziehvater aus. Ihnen ist nicht wohl bei dem Gedanken, Kevin mit seinem Ziehvater alleine zu lassen. Der Leiter des Hauses ist entsetzt, dass das Amt überhaupt solche Gedanken hegt. Ebenso gegen die Rückführung äußert sich der Kinderarzt der Familie gegenüber dem Sachbearbeiter. Er bemängelt das unregelmäßige Erscheinen der Eltern bei den Vorsorgeuntersuchungen. Außerdem macht er auf Kevins schlechten körperlichen Zustand aufmerksam sowie auf das grobe Verhalten des Ziehvaters gegenüber Kevin.
Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss wird dazu später feststellen, dass sich der Sachbearbeiter von solchen Äußerungen anscheinend persönlich angegriffen fühlt und sich daraufhin intensiver für die Rückführung Kevins einsetzt. Außerdem hätte er die seit Januar 2005 existierende Weisung beachten müssen, nach der Eltern, die Drogen substituieren, besonders beaufsichtigt werden müssen. Bernd Kk. wurden jedoch bisher vom Sachbearbeiter keine konkreten Auflagen gemacht.
22.11.2005
Der Sachbearbeiter telefoniert mit der Mutter von Kevins Ziehvater Bernd Kk. Sie bestätigt, dass Bernd Kk zu ihr ziehen wird
23.11.2005
Der Sachbearbeiter, der methadongebende Arzt und Bernd Kk. verabreden, dass Kevin am 28.11.2005 zurückgeführt wird und Bernd Kk. zu seinen Eltern ziehen soll. Bei dem Amtsvormund erkundigt sich der Sachbearbeiter, wie die Vormundschaft weiter geregelt bleiben soll. Er erhält als Antwort, dass die Vormundschaft erstmal beim Jugendamt bleibt, sie aber zu jeder Zeit aufgelöst werden kann
28.11.2005
Zwar wird Kevin von Bernd Kk. abgeholt, sie bleiben allerdings in Bremen
07.12.2005
Bernd Kk. ist nicht wie vereinbart zu seiner Mutter und ihrem neuen Lebensgefährten gefahren. Der Sachbearbeiter teilt ihm mit, dass er sich an die Vereinbarungen halten muss
08.12.2005
Bernd Kk. beantragt Hilfe für die Reisekosten und für Winterkleidung für Kevin
20.12.2005
Bernd Kk. wird zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Tatvorwurf: Beleidigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
22.12.2005
Die Familienrichterin des Amtsgerichts Bremen teilt dem Sachbearbeiter mit, dass ihre Entscheidung (die Übergabe der Vormundschaft von Kevin an das Jugendamt) vom 17.11.2005 voreilig war und sie der Meinung ist, der Ziehvater hätte das Recht auf die Vormundschaft, wenn dieser seinen Sohn gut behandelt. Sie möchte von dem Sachbearbeiter mehr Informationen über die „Vater – Sohn – Beziehung“ erhalten
23.12.2005
Bernd Kk. informiert den Sachbearbeiter über den Aufenthalt von ihm und Kevin in Grünenplan bei seiner Mutter
2006
Die Politik ist sich einig, dass es für Jugendämter leichter werden soll, Eltern das Sorgerecht zu entziehen - die Justizminister der Länder sind einstimmig für eine Familienrechtsänderung, um der Vernachlässigung von Kindern vorzubeugen
09.01.2006
Bernd Kk. meldet sich von seiner Mutter zurück und bittet beim Amt für Soziale Dienste um dringenden Rückruf
13.01.2006
Es kommt zu einem Treffen zwischen dem Bremer Bürgermeister Jens BÖHRNSEN, SPD, und dem Vorstand des Vereins Bremer Säuglingsheime e.V. BÖHRNSEN ist ehrenamtliches Mitglied in dem Verein. Dem Bürgermeister wird mitgeteilt, dass in Fällen von gefährdeten Kindern diese zu voreilig wieder in ihre Familien kommen. Er erhält anonymisierte Unterlagen zum Fall Kevin, die er an die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Karin RÖPKE, weiterleitet. Die wiederum wendet sich an den Amtsleiter des Amtes für Soziale Dienste, da dieser die Aufsicht über die einzelnen Sozialzentren und somit auch über den Sachbearbeiter hat. Sie verfolgt damit das Ziel, dass sich der Amtsleiter des Falles Kevin annimmt.
Nachdem der Amtsleiter seitens der Senatorin den Klarnamen erhält, stimmt er der Prüfung des Falles zu
19.01.2006
Die Anfrage der Familienrichterin des Amtsgerichts vom 22.12.2005 ist immer noch unbeantwortet. Dazu der Sachbearbeiter: Ziehvater und Sohn seien mehrere Wochen bei den ‚Eltern’ des Vaters gewesen. Erst nachdem die Richterin nochmals nachhakt, erzählt der Sachbearbeiter ihr, dass er dem Ziehvater nicht alles glaubt. Außerdem berichtet er ihr von einem Vorfall am Hannover Bahnhof: dort hatte sich Bernd K. mit anderen in aller Öffentlichkeit und im Beisein von Kevin geprügelt. Für eine endgültige Abgabe der Vormundschaft an den Ziehvater solle man sich erneut beraten
25.01.2006
Die Bewährungshelferin von Kevins Ziehvater, die Bernd Kk. seit ca. einem halben Jahr kennt, berichtet dem Sacharbeiter, dass der Ziehvater ein hohes Aggressionspotenzial habe und mit der Versorgung seines Kindes überfordert sei. Aus welchem Anlass das Gespräch stattfindet, geht aus der Akte nicht hervor
02.02.06
Der Amtsleiter des Amtes für Soziale Dienste stellt einen Antrag auf die Akte des Kevin Falls. Er liest sie sich aber nicht wirklich durch, wird er später vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zugeben. Die Akte wird dem Sozialzentrumsleiter von Gröpelingen / Walle überreicht. Der Sachbearbeiter informiert den Amtsvormund über die Weitergabe der Akte, die er am 27.02.2006 wieder zurückerhalten wird
06.02.2006
Nachdem Kevins Mutter tot ist und der Ziehater mal wieder verurteilt wurde, findet ein Gespräch zwischen ihm, dem methadonvergebenden Arzt, dem Amtsvormund und dem Sachbearbeiter statt. Es geht um die Frage, ob Bernd K. mit Kevin zu seiner Mutter ziehen wird. Der Sachbearbeiter berichtet der Familenrichterin, dass die Vormundschaft des Jugendamtes bestehen bleiben soll. Die Richterin merkt an, dass, obwohl der Arzt das Gegenteil behauptet, der Ziehvater mehrmals wöchentlich Heroin und Kokain konsumiert. Solange sie vom Sachbearbeiter keine anderen Informationen erhält, wird sie den Fall 6 Monate beiseite legen
07.02.2006
Unter anderem aufgrund des Gesprächs zwischen dem Bürgermeister mit der Bremer Säuglingshilfe e.V. beginnt ab diesem Tag die Berichterstattung des Sozialzentrums bzw. des Sachbearbeiters gegenüber dem Amtsleiter
08.02.2006
Der Amtsleiter wiederum beauftragt die Leiterin des Sachgebiets „Junge Menschen“ (künftig: Sachgebietsleiterin), ihm Bericht zu erstatten über die bisherigen Ereignisse im Fall Kevin. Sie ist jetzt – neben dem Sachbearbeiter - zusätzlich mit dem Fall Kevin befasst. Sie erhält Berichte vom Sachbearbeiter und vom Amtsvormund
15.02.2006
Der Amtsleiter bittet den Leiter des Referats „Erzieherische Hilfen, Eingliederungshilfen, Familienrechtshilfen, SGB IX, Abteilung Junge Menschen und Familie“ um eine Stellungnahme zu dem Fall Kevin. Der Leiter des Referates war zuständig für die fachliche Weisung, wie der Umgang mit Eltern denen Drogen substituiert werden, zu gestalten ist. Er ist der Meinung, dass die Tagespflege ausreichend ist. Die Akten zum Fall Kevin sind ihm bekannt.
27.02.2006
Der Sachbearbeiter erhält die Akte des Kevin Falles wieder vom Amtsleiter zurück
06.03.2006
Bei einer internen Konferenz, die vom Amtsleiter aufgrund der besorgniserregenden Vorkommnisse im Falle Kevin ins Leben gerufen wird, beschließen er sowie der methadonvergebende Arzt, der Amtsvormund, der Leiter des Sozialzentrums sowie ein Mitarbeiter des Amtes für Soziale Dienste von der Fachabteilung Junge Menschen der Sachbearbeiter und Der Leiter des Referats „Erzieherische Hilfen, Eingliederungshilfen, Familienrechtshilfen, SGB IX, Abteilung Junge Menschen und Familie“, dass Kevin im Kinderzentrum des Klinikum Bremen Mitte vorgestellt werden soll und dass Bernd Kk. in eine so genannte Trauer-AG gehöre. Dem Leiter des Referates gehen die Maßnahmen nicht weit genung, er überlässt die Verantwortung dennoch dem Sachbearbeiter und dem Amtsvormund und greift nicht weiter ein
08.03.2006
Der Ziehvater und der Amtsvormund gelten in diesem Hilfsplan als die beteiligten Personen. Kevin soll durch eine Tagesmutter Kontakt zu anderen Kindern bekommen. Nach einem halben Jahr soll eine Auswertung stattfinden. Der Ziehvater muss einen Antrag bei der Jugendhilfe stellen, damit die Kosten der Tagespflege übernommen werden
09.03.2006
panorama geht wieder auf Sendung, u.a. mit dem Beitrag „Abgeschoben vor die Glotze - wie Eltern ihre Kinder vernachlässigen"
14.03.2006
Kevin erscheint nicht bei der inzwischen eingesetzten Tagespflegemutter
17.03.2006
Die Tagespflegemutter teilt dem Sachbearbeiter mit, dass sie sich mit dem Ziehvater gestritten hat. Einen Verband um Kevins Fuß sowie blaue Flecken erklärt der Ziehvater mit Herumtoben. Er will Kevin nicht mehr zur Tagesmutter geben. Der Sachbearbeiter will sich nun um einen Platz für Kevin in einer Kindergruppe bemühen.
Obwohl es die Pflicht des Sachbearbeiters gewesen wäre, Bernd Kk. Auflagen zu machen, tut er dies nicht - zum wiederholten Mal
12.04.2006
Auf Wunsch des Leiters des Sozialzentrums soll eine so genannte Fallkonferenz stattfinden. Hierbei soll Bernd Kk. Stellung nehmen zu den bisherigen Ereignissen sowie dazu, wie er sich seine Zukunft mit Kevin vorstellt. Der Ziehater erscheint nicht
20.04.2006
Stattdessen erscheinen Ziehvater und Sohn zu einem neuen Fallkonferenz – Termin. Der Ziehvater hat Kevin ab 18.04.06 dreimal wöchentlich im Sozialpädagogischen Spielkreis angemeldet. Der Methadon vergebende Arzt meldet Kevin im Kinderzentrum Klinikum Mitte an. Dort soll Kevin Krankengymnastik und Sprachförderung im Rahmen von Förderung durch die Frühen Hilfe erhalten. Einmal wöchentlich besucht der Vater eine Trauergruppe
25.04.2006
Der Kinderarzt vom Gesundheitsamt teilt dem Sacharbeiter mit, dass Ziehvater und Sohn nicht zu einem ausgemachten Termin zur Untersuchung wegen Frühförderung erschienen sind. Der Sachbearbeiter reagiert nicht auf diese Information
26.04.2006
Die Sachgebietsleiterin, die vom Amtsleiter beauftragt wurde, verfasst einen Bericht an den Amtsleiter über die Maßnahmen zur Frühförderung für Kevin. In diesem wird jedoch nicht erwähnt, dass Kevin nicht zur Frühförderung erscheint. Vielmehr berichtet sie über eine positive Entwicklung sowohl des Ziehvaters als auch des Sohnes
26.04.2006 - 06.06.2006
Die Akte über den Fall Kevin beim Sachbearbeiter beinhaltet für diesen Zeitraum keine Dokumente und auch keine Notizen etc
11.05.2006
In der panorama-Sendung „Geschlagen, gequält, getötet” geht es um „Datenschutz statt Kinderleben“: Ein Duisburger Mordkommisar fordert eine Datenbank, in die Ärzte und Kliniken Informationen über Kindesmisshandlungen eingeben können. Dadurch könnte verhindert werden, dass die Kinder von Eltern, die nach jeder Misshandlung den Arzt wechseln, rechtzeitig entdeckt und gerettet werden. 2004 gab es bundesweit rund 3.400 Kindesmisshandlungen, die der Polizei bekannt wurden. Die Dunkelziffer liegt weit höher. Eine solche Datenbank wird es erst eineinhalb Jahre später geben (siehe 11.12.2007)
zwischen Ende April und Juni
Irgendwann innerhalb dieses Zeitraums stirbt Kevin infolge der Misshandlungen seines Ziehvaters, wie sich später aufgrund medizinischer Untersuchungen ergeben wird
07.06.2006
Der Amtsvormund erfährt, dass der Ziehvater zum dritten Male den Spielkreistermin für Kevin versäumt hat.
Der Kinderarzt des Gesundheitsamtes vergibt jetzt keine Termine mehr. Außerdem weiß er, dass der Platz im Spielkreis an ein anderes Kind vergeben wurde - wegen der Abwesenheit von Kevin.
Der Amtsvormund setzt sich daraufhin mit dem Sacharbeiter in Verbindung, um die Lage zu besprechen.
Der Sacharbeiter hat durch den Umzug seiner Behörde kurzfristig keine Zeit, erst zum Ende der nächsten Woche
07.07.2006
Die Frühförderung von Kevin kann immer noch nicht beginnen, da der Bernd Kk. durch einen Unfall in der Familie anderweitig beschäftigt ist
11.07.2006
Der Sachbearbeiter teilt Kevins Ziehvater per Brief mit, dass Kevin im Spielkreis aufgenommen werden kann und dass er eine Kostenübernahme für die Frühförderung erhält
18.07.2006
Der Amtsleiter des Amtes für Soziale Dienste wird vom Sachbearbeiter darüber informiert, dass Bernd Kk. während einer Visite, die der Sachbearbeiter durchgeführt hat, einen stabilen Eindruck machte. Dass von Kevin nichts zu sehen war, fällt dem Sachbearbeiter nicht auf
31.07.2006
Die Leiterin der Frühen Hilfe teilt mit, dass Kevin nicht wie vorgesehen an der Frühförderung und dem Spielkreis teilnimmt: „Von uns wurde das Kind zuletzt am 24.03.2006 beim Erstgespräch gesehen.“ Daraufhin der Sachbearbeiter: „Allen sei klar, dass die Arbeit mit dem Ziehvater nicht immer einfach ist.“
04.08.2006
Laut Bericht der Sachgebietsleiterin ist Bernd Kk. wieder krankenversichert und für Kevin wäre ein Platz im Spielkreis Oslebshausen frei
07.08.2006
Bernd Kk’s Stiefvater ist gestorben. Seine Mutter versucht ihn nun zu überreden, mit Kevin zu ihr zu ziehen. Die Frühförderung erklärt ihre Aufgabe für Kevin für beendet. Das Amt zahle schon seit 5 Wochen für sein Nicht-Erscheinen. Es wird aber gewünscht, dass er ab 21. August beim Spielkreis erscheint
14.08.2006
In Hamburg – Jenfeld wird die „Arche“, eine Zufluchtsstelle speziell für Kinder ärmlicher Verhältnisse, regelrecht überrannt von neuen Mitgliedern. “Mehr Hilfe für vernachlässigte Kinder“ titelt das Hamburger Abendblatt
Hier geht es zu dem Bericht
21.08.2006
Kevin taucht nicht beim Spielkreis auf, Bernd Kk. hat auf die vorangegangenen Zahlungsaufforderungen nicht reagiert
23.08.2006
Korrespondenz zwischen dem Sachbearbeiter und einer Richterin des Familiengerichts Bremen. Er berichtet ihr vom bestehenden Kontakt mit dem Ziehvater: Sie warnt ihn vor dem Methadon vergebenden Arzt. Dieser soll – so die Richterin – bereits bei einem anderen Fall fahrlässig gehandelt haben
01.09.2006
Die Sachgebietsleiterin teilt dem Amtsvormund mit, dass laut Aussage des Vaters Kevin jeden Tag zur „Elternschule“ gebracht wird. Sie hat inzwischen selbst Kontakt mit dem Vater aufgenommen, weil sie dem Amtsleiter regelmäßig berichten muss. Kevins Ziehvater behauptet, dass Kevin täglich in der Elternschule betreut wird. Sie nimmt daraufhin Kontakt auf mit der Elternschule und erfährt, dass Kevin dort gar nicht erscheint. Sie informiert den Amtsvormund. Dieser plant jetzt einen Hausbesuch am 04.09.2006
04.09.2006 - 05.09.2006
Zwei Hausbesuche des Amtsvormunds bei dem Ziehvater scheitern an dessen Abwesenheit
08.09.2006
Der Ziehvater hat sich telefonisch gemeldet. Er versteht den ganzen Aufruhr um ihn und seinen Sohn nicht, eine Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde an die Sachgebietsleiterin geschickt) liege vor. Der Umzug zu seiner Mutter sei in Planung
11.09.2006
Telefonat zwischen Bernd Kk. und der Sachgebietsleiterin : Er sei noch in Grünenplan bei seiner Mutter und will bis Ende September umgezogen sein
13.09.2006
Die Sachgebietsleiterin nimmt Kontakt mit Kks. Mutter auf. Von ihr erfährt sie, dass die Mutter ihren Sohn zuletzt an Weihnachten 2005 gesehen habe, wo er seinen Halbbruder verprügelt hat. Sie habe Angst vor ihrem Sohn, um Kevin sowie um diejenigen, die Kevin seinem Ziehvater entziehen wollen
18.09.2006
Eine Übergangspflege soll für Kevin gesucht werden. Nun wollen auch jene, die bis dahin immer anderer Meinung waren oder gezögert haben, Kevin so schnell wie möglich der Obhut des Ziehvaters entziehen
26.09.2006
Der Ziehvater soll zur Anhörung beim Familiengericht seinen Sohn mitbringen, damit Kevin ihm bei dieser Gelegenheit entzogen werden kann. Bernd Kk. erscheint nicht
02.10.2006
Beim zweiten Termin glänzt Bernd Kk. erneut mit Abwesenheit. Vom Gericht wird daraufhin ein Herausgabebeschluss erlassen, den der Ziehvater zusammen mit dem Vollstreckungsversuch erhalten soll
10.10.2006
Die Mitarbeiter des Amtes für Soziale Dienste suchten die Wohnung auf, weil sie einen Beschluss des Amtsgerichtes haben, dass Kevin herausgegeben werden soll. Sie finden Kevin tot im Kühlschrank
12.10.2006
panorama geht auf Sendung: "Kevins Tod – Ein Behördenskandal“
31.10.2006
Staatsrat MÄURER legt eine erste Analyse der Geschehnisse vor:
Die wichtigsten Erkenntnisse:
- das Handeln bzw. Nicht-handeln der unterschiedlichen Institutionen und Personen haben zum Tod Kevins geführt
- das Jugendamt habe keine regelmäßigen Kontrollen durchgeführt und trotz Anzeichen auf Missbrauch (durch Arzt und Tagesmutter) nicht gehandelt
- Vorschriften oder vorgegebene Verfahren seien nicht korrekt angewendet worden, sodass Gefährdungen falsch eingeschätzt worden seien
- zahlreiche Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohl sowie Informationen über die Vorgeschichte der Elternlagen lagen vor, dennoch sei es zu massiven Fehlentscheidungen gekommen
- das Fehlverhalten der Eltern habe nicht zu Sanktionen oder Maßnahmen geführt
02.11.2006
Die Bremer Bürgerschaft setzt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein. Der trägt den Titel „Kindeswohl“ und wird bis zum 13. Mai 2007 tagen. Der Bremer Bürgermeister BÖHRNSEN, SPD, will sich nun dafür einsetzen, dass das Kindeswohl Vorrang vor dem Datenschutz hat
17.01.2007
SPIEGEL ONLINE meldet: Der für Kevin als Amtsvormund fungierende Sozialarbeiter erklärt, dass er im Schnitt 240 Fälle betreue. Zu Kevin verweigert er die Aussage
20.04.2007
Am 20. April 2007 wird der Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vorgestellt:
Der Bericht umfasst 330 Seiten und wurde am 2.11.2006 von der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) in Auftrag gegeben. Vorsitzender des Gremiums ist Helmut Pflugradt. Der Untersuchungsausschuss macht in seinem Abschlussbericht individuelle Fehler und falsche Strukturen in den zuständigen Ämtern für Kevins Tod mitverantwortlich. Der Casemanager habe falsche Entscheidungen getroffen, die dazu geführt hätten, dass Kevin nicht ausreichend vor seinem Ziehvater geschützt werden konnte.
Es sei außerdem eine mangelhafte Aktenführung im Amt für Soziale Dienste Bremen und fehlende Kommunikation zwischen dem zuständigen Sozialarbeiter und seinen Vorgesetzten vorhanden gewesen. Diese Fehler hätten letztlich zum qualvollen Tod des zwei Jahre alten Jungen geführt. Ihm seien 25 Knochenbrüche an 19 verschiedenen Stellen zugefügt worden. Letztendlich kommt der Untersuchungsausschuss zu dem Fazit, dass Kevins qualvoller Tod hätte verhindert werden können, wenn anders gehandelt worden wäre
28.04.2007
Die Medien tischen eine andere Geschichte auf: „Rabenmutter ließ vier Kinder allein“ (Hamburger Abendblatt. Der zwölfjährige Sohn einer in Berlin-Prenzlauer Berg lebenden Familie wendet sich in völliger Verzweiflung an das Jugendamt. Er musste fast ein Jahr lang alleine auf seine 3 Geschwister aufpassen, weil die Mutter nicht zuhause, sondern bei ihrem Freund lebt. Dementsprechend findet die Polizei eine fast bis zur Unkenntlichkeit verwahrloste Wohnung vor. Hier können Sie die Berichte des Berliner Tagesspiegel dazu lesen (pdf, 13 S., 160 KB)
10.05.2007
Kontraste geht auf Sendung: „Kinder ohne Ärzte. Der Staat versagt bei der Fürsorge“. Die Redakteurin weist darauf hin, dass in Stadtteilen wie z.B. Berlin - Neukölln, nur ein einziger Kinderarzt vorhanden sei. Dadurch werden oft die so wichtigen ersten Untersuchungen der Säuglinge vernachlässigt, weil einfach die Zeit fehle
04.06.2007
Sechs Geschwister werden in Berlin Neukölln völlig verwahrlost in Anwesenheit der Mutter aus der Wohnung geholt. Sie sind dem Kindernotdienst übergeben worden
24.10.2007
Der Prozess um Bernd Kk. beginnt. Die Anklage lautet auf Totschlag und schwere Misshandlung eines Schutzbefohlenen. Mittlerweile ist der Sachbearbeiter versetzt worden
22.11.2007
In Schwerin wird die fünfjährige Lea-Sophie total verhungert und verdurstet aufgefunden, wo sie sofort von einem Notarzt ins Klinikum gebracht wird. Trotz aller Rettungsversuche stirbt das Kind. Mutter und Vater kommen in U-Haft
29.11.2007
Eine Mutter in Sachsen gesteht, vor fünf Jahren ihren toten Säugling in einem Koffer versteckt zu haben. Er wurde zwischenzeitlich aufgefunden
09.12.2007
In Darry (Schleswig-Holstein) tötet eine Mutter ihre fünf Söhne. Sie erhält zwar Hilfe von dem Jugendamt, aber keiner ahnt, dass sie ihre Kinder töten wird
11.12.2007
Der Kinderarzt Dr. Ralf Kownatzki aus Duisburg berichtet über die erfolgreiche Einführung der Risikokinder – Informationsdatenbank „Riskid“. Ins Leben gerufen wurde die erfolgreiche Initiative von engagierten Kriminalbeamten, Kinderärzten, Vertreter der Staatsanwaltschaft und Gerichtsmedizinern. Die Datei soll es allen Beteiligten ermöglichen, Vernachlässigungen und/oder Kindesmisshandlungen auszumachen. Der Umstand, dass Eltern, die ihre Kinder misshandeln, dies daurch vertuschen, dass sie ständig den Arzt wechseln, soll dadurch unmöglich werden
18.12.2007
Ein Knochenexperte, der von der Bremer Rechtsmedizin beauftragt wurde, sagt aus, dass Kevin auch nach seinem Tod noch Arm- und Beinbrüche zugefügt worden seien. Der Splitterbruch des Oberschenkels, den die Staatsanwaltschaft für die Ursache der tödlichen Fettembolie hält, sei dem Jungen etwas fünf Tage vor dem Tod oder früher zugefügt worden
20.12.2007
Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Sachbearbeiter und den Amtsvormund Kevins wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Laut Staatsanwaltschaft habe der Sachbearbeiter seit 2004 gewusst, dass Kevins Mutter und deren Lebensgefährte drogensüchtig und überfordert wären. Der Amtsvormund hätte die vorhandenen Zeichen erkennen und handeln müssen. Die Beschuldigten hätten ihre Sorgfaltspflicht versäumt
26.12.2007
Am 2. Weihnachtstag stirbt in Sachsen ein zweijähriger Junge namens Robin. Seine Mutter ließ ihn fast drei Tage allein in seinem Bettchen, während sie eine Chat-Bekanntschaft in Mecklenburg-Vorpommern traf. Angeblich hatte sie erst Heiligabend festgestellt, dass es Robin nicht gut ging. Trotz dieses Wissens ließ sie keinen Arzt kommen. Sie hatte Angst, das Jugendamt könne ihr das Kind wegnehmen. Seit anderthalb Jahren betreute das Jugendamt die Familie und stellte eine „positive Prognose“. Offensichtlich eine Fehleinschätzung
08.01.2008
Der Toxikologe Walter MARTZ sagt als Gutachter vor Gericht aus. Kevin habe eine nicht geringe Konzentration der Drogen Methadon und Kokain im Blut gehabt. Diese kann sowohl durch eine direkte Verabreichung der Drogen, als auch durch das Einatmen von Staub in der Wohnung verursacht worden sein
15.02.2008
In Frankfurt/Oder wird der sechs Monate alte Florian verdurstet und verhungert aufgefunden. Die Eltern, 19 und 21 Jahre alt, die beide von Hartz IV leben, waren offenbar überfordert: ihren drei Katzen und ihrem Hund ging es besser als dem Baby
07.03.2008
Eine Staatsanwältin sagt als Zeugin vor Gericht aus. Es habe schon direkt nach Kevins Geburt Ärger gegeben. Bernd K. habe Hausverbot in der Geburtsklinik bekommen, weil er sich gegenüber dem Personal aggressiv verhalten habe. Die Hebamme habe Anzeichen der Misshandlung erkannt und den Sozialarbeiter gewarnt
18.03.2008
Die fünfjährige Talea stirbt in ihrer Pflegefamilie durch Ersticken. Außerdem hat sie zahlreiche Hämatome am ganzen Körper. Das Jugendamt nahm sie zuvor ihrer alleinerziehenden Mutter weg, da sich diese einem Alkoholentzug unterziehen sollte. Die 38-jähige Pflegemutter steht unter Tatverdacht. Mitarbeiter des Jugendamtes waren Hinweisen auf Verletzungen Taleas nicht nachgegangen
20.03.2008
Der Hamburger Rechtsmediziner Jan SPERHAKE sagt vor dem Bremer Landgericht aus und bestätigt die Aussage des zuvor befragten Knochenexperten. Durch die vielen Knochenbrüche, die Kevin zugefügt wurden, sei es zu einer Fettembolie gekommen, die das Versagen der rechten Herzkammer verursacht habe
09.05.2008
Da Bernd K. zum Zeitpunkt von Kevins Tod stark drogenabhängig war, sei seine Steuerungsfähigkeit, laut des psychiatrischen Gutachters Gunther KRUSE, gemindert gewesen. Allerdings sei keine schwere psychische Erkrankung zu erkennen. Es seien zwar eine Persönlichkeitsstörung, Psychosen und Wahnvorstellungen festgestellt worden, diese seien allerdings durch den Drogenkonsum und den anschließenden Entzug entstanden.
Während der letzten Monate vor seiner Verhaftung habe sich die Abhängigkeit des Angeklagten verstärkt. Er habe sich alle zwei Stunden Kokain spritzen müssen und bekam von seinem Arzt hohe Dosen Polamidon (Methadon) verschrieben. Bei Terminen beim Jugendamt habe er den Alkohol weggelassen und somit eine Funktionsfähigkeit vortäuschen können.
KRUSE halte die Unterbringung in einer Entzugsklinik nach einer Haftstraft für angebracht, kann allerdings nicht über den genauen psychischen Zustand Berns K.s zum Zeitpunkt von Kevins Tod aussagen.
Trotz 19 Sachverständiger kann während des Prozesses nicht geklärt werden, durch welche Gewalteinwirkungen Kevin wann welche Verletzungen zugefügt wurden. Auch der Todeszeitpunkt ist ungeklärt. Laut Staatsanwaltschaft gibt es mehrere mögliche Todesursachen, die alle auf den Angeklagten Bernd K. zurückzuführen sind.
20.05.2008
Der Staatsanwalt Daniel HEINKE der Großen Strafkammer IV des Landgerichts Bremen beantragt einen Freiheitsentzug von 13 Jahren wegen Mordes und Misshandlung Schutzbefohlener sowie Körperverletzung als angemessene Strafe für Bernd K., den Ziehvater Kevins. Kevin sei „massiven Schmerzen“ ausgesetzt gewesen, weil die Tat mit „übergroßer Brutalität mit nicht nachvollziehbarer Gefühlsrohheit“ begannen worden sei. Eine „verminderte Schuldfähigkeit“ schließt der Staatsanwalt allerdings nicht aus
28.05.2008
Der Angeklagte Ziehvater Kevins Bernd K. bricht mit seinem Schlusswort vor dem Bremer Landgericht erstmals sein Schweigen. „Ich bin erschüttert über diese Katastrophe.“, sagt er.
Die Verteidigung Bernd K.s fordert eine Verurteilung wegen Körperverletzung (mit Todesfolge), nennt allerdings kein Strafmaß. Die Verteidiger weisen auf den starken Drogeneinfluss des Angeklagten hin. Ihrer Meinung nach sei er deshalb als „vermindert schuldfähig“ einzustufen
05.06.2008
Nach 29 Verhandlungstagen gibt es ein Urteil im Fall Kevin. Insgesamt wurden 85 Zeugen und 25 Sachverständige befragt. Der 44-jährige Ziehvater Kevins, Bernd K., wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Strafkammer ordnet außerdem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach dreijähriger Haft an
17.07.2008
Aus einer mit Müll und Kot verdreckten Wohnung in Bremen werden zwei verwahrloste Mädchen im Alter von fünf und acht Jahren von der Polizei gerettet. Sie wurden in ein Heim gebracht, nachdem sich der Soziale Dienst ihrer annahm.
Die Eltern der toten Lea-Sophie werden wegen Mordes zu elf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Das Mädchen war am 20. November 2007 aufgrund von Entkräftung und Untergewicht verstorben – zuletzt wog sie nur 7,3 Kilo. Die recht milde Verurteilung der Eltern begründet sich damit, dass der Mord aus „niederen Beweggründen“ begangen worden sei. Die Eltern hätten vermutlich mit einem härteren Urteil rechnen müssen, wenn das Mordmerkmal der Grausamkeit erfüllt gewesen wäre. Als „Grausamkeit“ gilt, wenn dem Opfer zur Tötung nicht notwendige seelische und körperliche Qualen zugefügt werden. Der Vorsatz zur Tötung sei jedoch nur schwach ausgebildet gewesen. Die Eltern verwehrten Lea-Sophie nicht das Essen, sondern sahen beim Streben ihres Kindes “nur“ zu
18.07.2008
Den Eltern der beiden verwahrlosten und von der Polizei geretteten Mädchen aus Bremen soll das Sorgerecht entzogen werden. Dazu stellt die Sozialbehörde einen Eilantrag beim Familiengericht. Bereits im Jahr zuvor wurde ein Antrag, die Kinder in die Obhut des Staates zu nehmen, vom Familiengericht abgelehnt.
Immer mehr Familien verlieren das Sorgerecht für ihre Kinder. Von 2006 auf 2007 stieg die Zahl der Sorgerechtsentzüge, laut Statistischem Bundesamt, um 12,5 Prozent. In 2007 haben Gerichte in 10.800 Fällen entschieden, den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Jugendämter stellten 12.800 Anzeigen auf Sorgerechtsentzug. In Bremen hat sich die Zahl der Sorgerechtsentzüge von 2006 auf 2007 verdoppelt, 126 Kinder wurden hier ihren Eltern weggenommen. Außerdem stieg auch die Zahl der Inobhutnahmen um 8,4 Prozent. So waren es hier 2007 28.200 Minderjährige, die kurzfristig aus ihren Familien genommen wurden. Die Zahl der Herausnahmen, bei denen Kinder gegen den Willen der Sorgeberechtigten in Obhut genommen werden verdreifachte sich auf 435
15.08.2008
An diesem Tag fällt das Urteil im Fall Florian aus Frankfurt/Oder: Die jungen Eltern, die ihren sechs Monate alten Säugling verhungern ließen, werden wegen „gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassen“ verurteilt. Die Mutter bekommt eine Jugendstrafe von sieben Jahren und der Vater von zehn Jahren Haft
20.07.2009
Bundesfamilienministerin Ursula VON DER LEYEN fordert einheitliche Regelungen für alle Ärzte. Etliche Bundesländer haben zwar neue Gesetze zum Schutz von Kindern erlassen, aber viele Ärzte wissen noch wenig von den Änderungen und der neuen Rechtslage
19.08.2009
Jedes Jahr werden in Deutschland ca. 100 Kinder getötet, die Dunkelziffer ist vermutlich höher
03.09.2009
CDU und SPD fordern einen besseren Schutz für Kinder in Problemfamilien. Die amtlichen Vormünder sollen verstärkt im persönlichen Kontakt zu den Kindern stehen
24.02.2010
Bremen will künftig alle toten Kleinkinder (unter 6 Jahren) obduzieren lassen
26.04.2010
Viele Ärzte sind sich noch unsicher, wann sie bei verletzten Kindern die Behörden alarmieren sollen bzw. wann sie sich über den Willen der Eltern hinwegsetzen sollen. Sie sind nicht dafür geschult, die Anzeichen zu erkennen. In Bayern ist es nun seit zwei Jahren Pflicht, dass Ärzte, die „gewichtige Anhaltspunkte“ für Misshandlungen, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigungen bei Kindern entdecken, diese sofort dem Jugendamt melden
09.06.2010
In Bremen steht Bert K., der frühere Sozialarbeiter Kevins, vor Gericht. Er soll eine Mitschuld am Misshandlungstod von Kevin tragen. Der Vorwurf lautet fahrlässige Tötung durch Unterlassen. Laut Staatsanwaltschaft habe er Kevin seinem alleinerziehenden, drogensüchtigen, gewalttätigen Ziehvater rechtzeitig wegnehmen können, denn es gab viele Hinweise auf die Unfähigkeit seiner Eltern Sandra und Bernd K. Kevin hatte bereits seit seiner Geburt eine Akte beim Jugendamt, weil seine Eltern rauschmittelabhängig und verhaltensauffällig waren. Allerdings funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Sachbearbeiter K. und Amtsvormund J. nicht. In Bremen sind im laufenden Haushalt für den Posten „Kindeswohl“ 20 Millionen Euro zu wenig eingestellt worden
14.06.2010
Laut Sabine LEUTHEUSER-SCHNARRENBERGER soll die Anzahl der Kinder, die ein gesetzlicher Vormund betreuen darf, bundesweit auf 50 begrenzt werden. Die Entscheidung zu der Gesetzesänderung fällt am 25.08.2010
10.08.2010
Die dreijährige Sarah stirbt in einer Nürnberger Klinik an Unterernährung. Die Eltern hatten 32 Stunden zuvor den Notarzt verständigt. Das Kleinkind wurde von der Mutter ohne Essen und Trinken eingesperrt. Der Vater resignierte und sah beim Sterben seiner Tochter zu. Die kleine Sarah wog am Ende nur noch acht Kilogramm; die Hälfte von dem, was ein gleichaltriges normalgewichtiges Kind im Durchschnitt wiegt. Nach Obduktionsberichten befanden sich im Magen des Mädchens Zellstoff aus Windeln, die das Mädchen zuletzt gegessen haben musste. Das Jugendamt griff nicht ein, obwohl der Mutter schon zwei Kinder aus erster Ehe weggenommen wurden. Sie wurden ebenfalls von der Mutter eingesperrt und nicht ausreichend ernährt
25.08.2010
Ein Tag, an dem sich mehrere Dinge gleichzeitig ereignen:
- In Berlin entscheidet das Bundeskabinett über eine Änderung des Vormundschaftsrechts auf Basis eines Gesetzesentwurfs von Bundesjustizministerin Sabine LEUTHEUSER-SCHNARRENBERGER. Demnach darf ein Amtsvormund künftig nur noch maximal 50 Mündel betreuen. Außerdem sieht die Gesetzesänderung vor, dass der Vormund mindestens einmal monatlich persönlichen Kontakt zum Mündel hat, indem er es in „dessen üblicher Umgebung“ aufsucht. Der persönliche Kontakt soll in Zukunft in einem Bericht dokumentiert und die Einhaltung stärker kontrolliert werden. Das Gesetz soll ein Jahr nach der Verkündung in Kraft treten, damit die Jugendämter ausreichend Zeit haben, sich auf die Änderungen einzustellen
- In Bremen wird das Verfahren gegen den Vormund Kevins Bert KAUFMANN wird eingestellt und der Prozess gegen eine Geldbuße beendet. Laut Gericht hatte der Angeklagte zu wenige Informationen über Kevin, als er den Fall im November 2005 übernahm. Er verließ sich hierbei auf die Informationen des „Case Manager“ des Sozialamts, weil er als Vormund bis zu 250 Mündel gleichzeitig betreute und überlastet war. Er trage trotzdem eine Mitverantwortung am Tod Kevins. Er muss 5000 € an eine Kinderschutzorganisation zahlen und muss die Kosten des Verfahrens tragen.
- Auch das Verfahren gegen den ehemaligen Amtsvorstand und „Case Manager“ des Bremer Jugendamtes Günther J. wegen fahrlässiger Tötung wird eingestellt. Der Grund hierfür ist eine festgestellte Verhandlungsfähigkeit. Eine Arbeitsunfähigkeit wird hingegen nicht festgestellt.
Günther J. wird in die Sozialbehörde zurückkehren, jedoch keine Fälle mit Kindern mehr betreuen.
Es wird also kein Urteil über das behördliche Versagen im Fall Kevin geben
14.10.2010
Fünf Kinder aus Bremen sind aus ihren Familien genommen wurden, weil ihre rauschgiftsüchtigen Eltern ihnen harte Drogen gegeben haben. Nun fordert die Opposition, dass Kinder von drogenabhängigen Eltern nicht in ihren Familien bleiben dürfen
15.10.2010
In Bremen können Kinder abhängiger Eltern auf Drogenrückstände getestet werden
19.11.2010
13 Jahre Haftstrafe lautet das Urteil für den Vater, der seine Tochter Sarah verhungern ließ. Der Vater legt weder ein Schuldeingeständnis ab, noch zeigt er Reue. Die Mutter muss sich zu dem Zeitpunkt nicht vor Gericht behaupten, da sie schwer an Krebs erkrankt ist und sich im Hospiz befindet. Ihr wird jedoch die Hauptschuld zugesprochen
April 2011
Die Bundesregierung bringt ein neues Kinderschutzgesetz auf den Weg. Hatte früher ein Amtsvormund im Durchschnitt rund 200 Mündel, um die er sich kümmern sollte, so waren es - seit Kevin - nur noch 120. Nach dem neuen Gesetz soll ein Vormund sogar nur noch 50 Kinder betreuen dürfen, damit er Gelegenheit hat, sich wirklich um seine Mündel zu kümmern, beispielsweise sie jeden Monat auch einmal besuchen zu können. Und einmal jährlich dem Familiengericht individuell berichten zu können. So gesehen hat sich durch den qualvollen Tod von Kevin nun doch einiges verändert
Kevin ist leider kein Einzelfall. Längst sind andere Namen bekannt geworden: Lea-Sophie, Florian, Yagmur. Mehr zu dieser Problematik gibt es unter www.ansTageslicht.de/Kinder.
(as / RR/VR)
Online am: 09.12.2015
Inhalt:
- Das Drama "Kevin" im Überblick
- Kevin - eine ausführliche Rekonstruktion
- Kevin - eine kurze Zusammenfassung
- ABC der (Nicht-)Akteure im Fall "Kevin"
- Die Verantwortlichkeiten im Fall "Kevin"
- Jugendämter: Aufgaben + Pflichten
- Der panorama - Bericht
- Wie der TV-Bericht auf die Schnelle entstand
Tags:
Kinder | Jugendamt | Qualitätskontrolle | Gesundheitswesen | Mord | Missmanagement | Bremen
Whistleblower
Ein Whistleblower hätte dies verhindern können