Im Vergleich zur Katholischen Kirche ist die Haltung der Evangelischen liberaler. Im Juni 2013 stellte der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland das Familienpapier „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit - Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ vor. Diese Papier soll als Orientierungshilfe innerhalb der Evangelischen Kirche dienen.
In dem Papier wird die heterosexuelle Ehe nicht mehr als alleinige Norm dargestellt, sondern es wird Unterstützung für andere Formen des Zusammenlebens, wie die homosexuelle Beziehung, gefordert. So heißt es darin unter Punkt 51 zur Homosexualität:
„Die Frage nach der Segnung homosexueller Paare und der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften, die sich darin ausdrückt, bewegt die evangelische Kirche seit Langem und ist nach wie vor umstritten. Im Kern geht es bei diesem Thema um das evangelische Verständnis der kirchlichen Trauung angesichts neuer Lebensformen. Es geht aber auch um die Frage, wie biblische Texte – zum Beispiel der Schöpfungsbericht – auszulegen sind und welche Rolle dabei die historische und gesellschaftliche Einordnung spielt. Deutet man die biblischen Aussagen, in denen Homosexualität als Sünde gekennzeichnet wird (3. Mose 18,22; 20,13; Röm 1,26-27), als zeitlos gültig, kann man zu der Meinung kommen, eine homosexuelle Partnerschaft sei mit einer heterosexuellen keinesfalls vergleichbar.
Allerdings gibt es auch biblische Texte, die von zärtlichen Beziehungen zwischen Männern sprechen. Fragt man jenseits dieser einzelnen Textstellen nach dem, was menschliche Beziehung in Gottes Schöpfung ausmacht, dann ist zu konstatieren: Der Mensch wird von Anfang an als Wesen beschrieben, das zur Gemeinschaft bestimmt ist (1. Mose 2,18). Durch das biblische Zeugnis hindurch klingt als »Grundton« vor allem der Ruf nach einem verlässlichen, liebevollen und verantwortlichen Miteinander, nach einer Treue, die der Treue Gottes entspricht. Liest man die Bibel von dieser Grundüberzeugung her, dann sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften, in denen sich Menschen zu einem verbindlichen und verantwortlichen Miteinander verpflichten, auch in theologischer Sicht als gleichwertig anzuerkennen. Nutzen homosexuelle Menschen heute die rechtliche Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft, dann erklären sie, wie heterosexuelle Menschen, bei der Eheschließung öffentlich ihren Willen, sich dauerhaft aneinander zu binden und füreinander Verantwortung zu tragen.“
Nikolaus SCHNEIDER, Vorsitzender im Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands, dem Leitungsgremium der Kirche in Deutschland, sagte in einem Interview mit der Berliner Zeitung:
„Ich bejahe allerdings die Homosexualität als Ausdruck der Liebe zwischen zwei Partnern. Denn Sexualität dient nicht nur der Zeugung von Kindern, sondern auch dazu, Liebe auszudrücken und sich gegenseitig Lust zu schenken. […] Homosexualität ist keine Krankheit. Um es fromm zu sagen: Der liebe Gott hat wenige Menschen so gemacht.“
In allen einzelnen Landeskirchen der Evangelischen Kirche Deutschlands ist es homosexuellen Pastorinnen und Pastoren erlaubt, mit standesamtlich liierten Lebenspartnern im Pfarrhaus zu leben.
In 12 der 20 Landeskirchen in Deutschland ist es außerdem erlaubt, wenn die örtliche Pastorin, bzw. der Pastor einverstanden sind, öffentliche Segnungen von eingetragenen Lebenspartnern in den Kirchen vorzunehmen.