Ein kurzer Überblick über die Bemer Bauland-Affäre

deren Aufdeckung den allerersten "Wächterpreis der Tagespresse" zugesprochen bekam. Nicht ohne Komplikationen.

Der Bremer Baulandskandal aus dem Jahre 1969 gehört zu den größeren Affären der Republik. Auch wenn die Vorgänge regional begrenzt waren. Die Affäre vermittelt nicht nur ein typisches Spiegelbild politischer und wirtschaftlicher Verfilzung wie sie damals weit verbreitet war im Nach-Nachkriegsdeutschland der 60iger Jahre.

Der Bremer Baulandskandal ist auch Zeugnis dafür, dass enttarntes Fehlverhalten politisch schnell verarbeitet, sprich aufgearbeitet werden kann. Zwischen der ersten Enthüllung durch den Jungredakteur Ulrich MANZ in 'seiner' Zeitung WESER-Kurier und der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses vergingen damals gerade zwei Wochen.

Im Mittelpunkt der Affäre: "König Richard" bzw. Richard BOLJAHN, der heimliche Sonnenkönig der Bremer SPD, der seit 1951 als Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft amtierte und fast ebenso lange den Kreisverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB beherrschte. Seine weiteren Funktionen als Aufsichtsratschef des gewerkschaftseigenen Wohnungsbaukonzerns NEUE HEIMAT oder sonstiger städtischer Gesellschaften war da nur 'logisch'. BOLJAHN kontrollierte alles und ohne ihn lief nichts, erst recht nichts gegen ihn. "König Richard" verkörperte das, was man einen "Bonzen" nennt - in der Partei, in der Gewerkschaft.

Die zweite zentrale Figur in diesem polit-wirtschaftlichen Machtkartell: Wilhelm LOHMANN, ein smarter Grundstücksmakler mit SPD-Parteibuch, der die wichtigen Männer, die ihm - u.a. aus der städtischen Verwaltung - zuarbeiteten, nicht nur im 'Partykeller' ("Club 222") seines noblen Anwesens in der Schwachhauser Heerstrasse 222 regelmäßig verköstigte, sondern auch auf seinem Zweitanwesen auf der spanischen Sonneninsel Mallorca. Spitzname: "Millionen-Willi".

Einer dieser direkten 'Zuarbeiter': Rechtsanwalt Hans-Ludwig KULENKAMPFF, ebenfalls Mitglied der Bremer Bürgerschaft, aber als CDU-Kollege, sowie Teilhaber einer der großen Anwalts- und Notariatskanzleien in Bremen. KULENKAMPFF machte Makler LOHMANN auf 'heiße' Informationen oder bedeutungsschwangere Konstellationen aufmerksam: "Wir müssen wohl eiligst etwas unternehmen ..." heißt es im obigen Schreiben an das LOHMANN'sche Maklerbüro.

In diesem intransparenten Geflecht spielten auch andere, kleinere Leute eine Rolle, und zwar aus allen Parteien, weil man so illegale und/oder illegitime Geschäfte besser absichern kann, wenn alle, die potenziell neidisch sein könnten, bei diesem Selbstbedienungskartell ebenfalls etwas abbekommen.

Nach etwas mehr als einem Jahr war die Affäre ausgestanden, "König Richard" politisch enthauptet und das Politfilzkartell zerschlagen. Makler LOHMANN, der urplötzlich vom lebens- und geschäftsfrohen Hans-Dampf-in-allen-Gassen zum kranken Mann mutierte, musste Millionen(provisionen) zurückerstatten.

Ulrich MANZ, der erst zu seinem Verleger gehen musste, damit die Geschichte auch gedruckt werden konnte, weil die Chefredaktion das Muffensausen fürchtete, hatte nicht nur den Stein ins Rollen gebracht. Die Stiftung "Freiheit der Presse", die für das Jahr 1969 zum allerersten Mal den "Wächterpreis der Tagespresse" ausgelobt hatte, erkannte diese Auszeichnung dem jungen Ulrich MANZ zu - für das, wofür dieser Preis auch heute noch steht: für schonungsloses Aufdecken von Missständen.

Ulrich MANZ konnte (s)eine kleine Dankesrede allerdings erst im Jahre 2010, also 40 Jahre später halten. Warum, das lesen Sie hier unter Wie das 1969 mit dem allerersten Wächterpreis so abgelaufen ist.

Was sich seinerzeit alles abgespielt hatte, nachdem Ulrich MANZ seine allererste Geschichte (doch noch) veröffentlicht hatte, finden Sie unter Chronologie einer Affäre. Seine wichtigsten Artikel haben wir unter Die Berichte des WESER-Kurier dokumentiert. Und wir dokumentieren, was der Staatsanwalt herausgefunden hat: seinen Abschlussbericht zur Bremer Baulandaffäre.

Wenn Sie diese Geschichte direkt verlinken wollen, so geht dies am einfachsten unter www.ansTageslicht.de/Baulandaffaere.

(JL)