Die Berichte der Abendzeitung zum Thema Familienwirtschaft, 24.05.2013

"Outet euch endlich selber!"

Abendzeitung , 24.05.2013 

Das Rätselraten um die bayerischen Abgeordneten, die ihre Ehefrau noch kurz vor dem Beschäftigungsverbot als Mitarbeiterin angestellt haben, soll nun ein Ende haben. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker fordert jetzt die "betroffenen Kollegen" auf, "von sich aus aktiv zu werden". Zur AZ sagte er: "Sie sollen sich endlich selber outen, um Transparenz herzustellen und bei der Aufklärung der Affäre mitzuarbeiten." Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) hat eine Veröffentlichung der Namen bisher verweigert. Nun will sie sie am kommenden Dienstag doch veröffentlichen. 

Im November 1999 hatte die AZ die Familienbande aufgedeckt. Damals hatten laut Landtag 45 Abgeordnete ihre Ehefrau beschäftigt. Als das zum 1. Dezember 2000 endgültig verboten wurde, gab es 79 "Altfälle" - 34 mehr. 

Eine "grosse Hemmungslosigkeit" attestiert Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter den Volksvertretern, die kurz vor dem Verbots noch Frau oder Kinder angestellt haben. Er wirft ihnen "Insiderwissen" vor und dass sie einen "Mitnahmeeffekt" ausgenutzt haben. "Sie bestätigen Vorurteile der Öffentlichkeit, dass Politiker im Wesentlichen auf ihren eigenen Vorteil aus sind", sagte Oberreuter zur AZ.

Bisher gibt es nur drei bekannte Last-Minute-Fälle. Und die sitzen alle im Kabinett von Horst Seehofer. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, Kultusstaatssekretär Bernd Sibler und Innenstaatssekretär Gerhard Eck. Seine Frau "Lissy" Eck war gleichzeitig Eigentümerin und Geschäftsführerin einer Baufirma und Mitarbeiterin ihres Mannes.

Am Mittwoch hatte Seehofers Regierungszentrale eine Erklärung von Staatskanzlei-Minister Thomas Kreuzer verschickt. Der aber befindet sich nach Information der AZ seit Pfingsten im Urlaub in Italien. Seehofer hatte ihn noch am Freitag als eine Art Staatsanwalt mit den Ermittlungen beauftragt. In Kreuzers Erklärung erteilte Seehofer, der derzeit in seinem Ferienhaus im Altmühltal ist, dann seinen drei Kabinettsmitgliedern einen Persilschein. Offensichtlich beschäftigt sich die CSU lieber nur aus der Ferne mit der Verwandtenaffäre.

Die neue Vorsitzende der CSU-Fraktion, Christa Stewens, machte offenbar hinter den Kulissen Druck auf Landtagspräsidentin Barbara Stamm. In der Fraktion heisst es: Stewens sei der Meinung, Stamm müsste alles auf den Tisch legen. Last-Minute-Arbeitsverhältnisse und auch die Rückzahlung des bisherigen Haushaltsausschusschefs Georg Winter (CSU), der rechtswidrig seine 13 und 14 Jahre alten Buben als Mitarbeiter angestellt hatte. 
Die FDP ist von der Verwandtenaffäre nicht betroffen. Sie war damals nicht im Landtag und kam so auch gar nicht in die Versuchung.