Die Berichte des EXPRESS, 05.05.2016

von Gerhard VOOGT, EXPRESS in Köln, Christian WIERMER, EXPRESS in Köln

Rot-Grün geht gegen Enthüllungen vor

Düsseldorf - Die immer neuen Enthüllungen zur Kölner Silvesternacht sorgen für ungewöhnliche Maßnahmen. Jetzt will die rot-grüne Regierungsmehrheit im Landtag mehreren Medienberichten auf den Grund gehen - indem vermeintliche "Maulwürfe" im Parlament gesucht werden sollen.

SPD und Grüne gehen von einer unerlaubten Weitergabe von Dokumenten aus. Nach EXPRESS-Informationen haben die Regierungsparteien am Mittwoch beim Untersuchungsausschuss zur Silvesternacht einen Antrag auf Übersendung eines Schreibens an Landtagspräsidentin Carina Gödecke (57, SPD) eingereicht. Sie soll die Ermächtigung zur Strafverfolgung durch die Justiz erteilen.

SPD-Obmann Hans-Willi Körfges (61) will darüber "im nichtöffentlichen Teil der nächsten Sitzung" beraten lassen: "Wer vertrauliche Dokumente herausgibt, verstößt gegen Gesetze und gefährdet die Aufklärungsarbeit. Es drängt sich der Eindruck auf, als sollte aus parteipolitischem Kalkül durch gezielte Indiskretionen über Bande gespielt werden. VS-Dokumente (VS=Verschlusssache, Anm. d Red.) müssen aber absolut vertraulich bleiben." Laut Körfges würden diese "zum Teil persönliche Daten von Opfern" enthalten, "die in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben".

Als Anlass nimmt  Rot-Grün  indes Berichte des "EXPRESS" und des "Kölner Stadt-Anzeigers" vom 6. und 30. April, in denen es gar nicht um "persönliche Daten von Opfern" ging.

Der EXPRESS hatte unter anderem exklusiv darüber berichtet, dass Kölner Kripo-Beamte bereits im Januar vermerkt haben, dass es am Neujahrtag den Versuch einer Landespolizeibehörde gegeben habe, den Begriff "Vergewaltigung" aus einer internen Polizei-Meldung an das Innenministerium zu streichen - laut ihnen sogar auf "Wunsch des Ministeriums".

Innenminister Ralf Jäger (55, SPD) ließ diesen Bericht umgehend "entschieden" zurückweisen. Allerdings untermauerten die Kripo-Beamten als Zeugen vor dem Ausschuss an diesem Montag den Sachverhalt und bestätigten die Enthüllungen. Für Jäger, der am kommenden Montag selbst Zeuge ist, waren das unangenehme Schilderungen.

SPD und Grüne gehen offenbar davon aus, dass die Presseberichte auf als "VS- Nur für den Dienstgebrauch" eingestuften Dokumenten basierten, in die "nur Landtagsabgeordnete und ein begrenzter Mitarbeiterkreis Einsicht nehmen" dürften. "Nach vorläufiger rechtlicher Bewertung dürfte es sich jeweils jedenfalls um eine Verletzung des Dienstgeheimnisses gem. § 353b StGB handeln", heißt es in dem Antrag.

Matthi Bolte (30), Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss des Landtags, sagte dem EXPRESS: "Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Wird allerdings durch gezielte Indiskretionen die Arbeitsfähigkeit eines Untersuchungsausschusses gefährdet, muss dies auch klar benannt werden."

Für eine Verletzung von Dienstgeheimnissen droht im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2017