Ein anonymes Schreiben
Auf dem Schreibtisch des Redakteurs Daniel GRÄBER bei der Frankfurter Neuen Presse, eine der führenden Tageszeitungen im Frankfurter Raum, landet ein dicker Briefumschlag. Anonym. Er enthält brisante Dokumente und eine ausführlich begründete Strafanzeige.
Der Absender, ein Whistleblower bzw. Informant, weiß offenbar, dass man einer Staatsanwaltschaft dann Beine machen kann, wenn die Anzeige gleichzeitig an einen Journalisten geht, der daraus etwas macht: Öffentichkeit.
Die Anzeige und die beigelegten Dokumente drehen sich um eine Gemeinnützige Institution, der Arbeiterwohlfahrt, kurz AWO, die zu den 6 Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland zählt: "um in unserer Gesellschaft bei der Bewältigung sozialer Probleme und Aufgaben mitzuwirken und um den demokratischen, sozialen Rechtsstaat zu verwirklichen." So steht es auf der Website der AWO.
Der Inhalt des Briefes spricht eine andere Sprache: Untreue. In jedem Fall undurchsichtige Geschäfte, Intransparenz, merkwürdige Verquickungen auf der Ebene der Führungselite.
Erste Recherchen
Daniel GRÄBER fängt an, die Unterlagen zu verifizieren und zu recherchieren.
Als erstes ruft er bei der AWO und der Stadt Frankfurt/Main an, will wissen, ob es stimme, dass die AWO vor kurzem ihre beiden Flüchtlingsheime aufgegeben habe, die sie seit der großen Fluchtbewegung 2015 im Auftrag der Frankfurter Stadtverwaltung - gegen gutes Geld - betrieben hatte?
Antwort der AWO: Richtig, die Kooperation sei beendet worden, weil sich die AWO "auf ihr Kerngeschäft konzentrieren" wolle.
Antwort der Stadt Frankfurt: Die Kooperation sei beendet worden, weil sich die AWO "auf ihr Kerngeschäft konzentrieren" wolle.
Wenn zwei Geschäftspartner, die sich 'verkracht' haben, wortgleich die gleiche Antwort geben, schöpft ein Journalist, der sein Handwerk versteht, automatisch Verdacht. Erst recht, wenn in dem anonymen Brief genau diese Formulierung intern als "offizielle Sprachregelung" nach außen hin genannt worden war.
GRAEBER's weitere Recherchen ergeben dies:
- Es waren finanzielle Unregelmäßigkeiten auf Seiten der AWO, weshalb die Frankfurter Stadtverwaltung die Zusammenarbeit mehr oder weniger abrupt beendet hatte. So hatte die AWO entgegen den Absprachen einen externen Essenslieferanten für die untergebrachten Flüchtlinge eingeschaltet und wollte wohl die dadurch eingesparten Kosten selbst behalten.
- Die Beauftragung einer externen Sicherheitsfirma sollte offenbar einem ähnlichen Zweck dienen. Chef der 100%-igen "Awo Protect gGmbh" ist der ehrenamtliche Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt e.V. in Frankfurt, der gleichzeitig als Rechtsberater der Arbeiterwohlfahrt in Wiesbaden fungiert.
Mit einer eigenen Tochterfirma kann auch eine gemeinnützige Institution genau das mühelos machen, was große Konzerne - betriebswirtschaftlich gesehen - "konzerninterne Verrechnungspreisgestaltung" nennen. Anders gesagt: Man kann damit Gewinne verschieben und auch aus offiziellen 'Büchern' verschwinden lassen, die von anderen geprüft werden.
Grund genug für Daniel GRÄBER, am Ball zu bleiben.