Die Berichte des Hamburger Abendblatt, 09.05.2009

von Ulrich GASSDORF

Veruntreuung? Wolfgang Poggendorf wirft nach neuen Vorwürfen das Handtuch

Hamburger Abendblatt , 09.05.2009 

Schon seit Tagen kursierten Gerüchte, dass Wolfgang Poggendorf von seinem Amt als HTV-Vorsitzender zurücktreten wird. Monatelang hatte der umstrittene Tierschutz-Chef Rücktrittsforderungen ignoriert. Doch nachdem sich die Untreuevorwürfe gegen ihn immer mehr ausweiteten, gab Poggendorf schließlich auf. Fast zwei Jahrzehnte lang leitete der heute 71-Jährige die Geschäfte des rund 7000 Mitglieder starken Vereins.
Ins Rollen war die "Poggendorf-Affäre" gekommen, nachdem das Abendblatt am 19. Juli exklusiv über einen Wohnungskauf des 71-Jährigen aus einer HTV-Erbschaft auf der Insel Sylt berichtet hatte.

Die Mitarbeiter des HTV unterrichtete Poggendorf am Freitag um 11 Uhr bei einer kurzfristig einberufenen Versammlung persönlich über seinen Rücktritt. Doch auf eine offizielle Stellungnahme gegenüber den Medien verzichtete der HTV. Die Mitarbeiter, die nach und nach das Tierheim Süderstraße in den Feierabend verließen, wollten oder durften sich ebenfalls nicht zum Rücktritt äußern. Die zahlreichen Kritiker des umstrittenen Tierschutzchefs reagierten mit Erleichterung: "Das ist ein guter Tag für den Hamburger Tierschutz. Mit dem längst überfälligen Abgang von Herrn Poggendorf, wurde ein erster Schritt in die richtige Richtung getan", sagte Rechtsanwalt Friedrich Engelke (58). Der ehemalige HTV-Schatzmeister hatte sich seit Bekanntwerden der "Poggendorf-Affäre" vehement für einen Rücktritt von Wolfgang Poggendorf eingesetzt. Der GAL-Tierschutzexperte Christian Maaß (35) sagte: "Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben sich zunehmend auch negativ auf die Arbeit des HTV ausgewirkt. Deshalb war der Rücktritt von Herrn Poggendorf unausweichlich."

Für Thomas Schröder (42), Bundesgeschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, steht fest: "Jetzt können wir uns auch in Hamburg wieder auf den Tierschutz konzentrieren. Es gilt nun aber, die Vorwürfe gegen Herrn Poggendorf lückenlos aufzuklären." Mit Spannung erwartet Schröder die außerordentliche Mitgliederversammlung am 12. Januar: "An diesem Tag werden die Mitglieder über die künftige Vereinsführung entscheiden." Auf der Tagesordnung im CCH steht dann die "Abstimmung darüber, ob eine vorzeitige Neuwahl stattfinden soll".

Zumindest bis zum 12. Januar wird Karin Klinkradt, langjähriges Vorstandsmitglied des HTV, nach Abendblatt-Informationen die Geschicke des Vereins als Vorsitzende leiten. Als zweite Vorsitzende springt Christine Kimpfel-Neumaier ein, und Karl-Heinz Beran wird Schatzmeister.
Allerdings befürchtet Jurist Engelke: "Mit Frau Klinkradt als Vorsitzende wird es einen Neuanfang beim HTV nicht geben. Nur die Auswechslung des gesamten Vorstandes würde endlich ein Ende der Ära Poggendorf bedeuten." Engelke führt zurzeit Gespräche, um so schnell wie möglich ein neues Vorstandsteam präsentieren zu können.

Nach Abendblatt-Informationen hat Wolfgang Poggendorf inzwischen die Franz-von-Assisi-Medaille, die höchste Auszeichnung des Deutschen Tierschutzbundes, an Präsident Wolfgang Apel zurückgeschickt. Apel hatte im Hamburger Abendblatt bereits gesagt: "Herr Poggendorf ist dieser Auszeichnung nicht mehr würdig."

Der Abschied vom HTV dürfte Poggendorf schwerfallen: Seine Tätigkeit begann dort Ende der 80er-Jahre. Bei einer Jahreshauptversammlung im September 1989 wird er den Mitgliedern vom Vorstand als Geschäftsführer vorgestellt. Im Jahre 1991 trennen sich Poggendorf und der HTV im gegenseitigen Einvernehmen. Doch 1995 kehrt er zurück: Während eines Kurzurlaubs der damaligen Vorsitzenden unterschreibt der übrige Vorstand einen Arbeitsvertrag, der Poggendorf wieder zum Geschäftsführer macht. Zum 31. Dezember 2005 schied er aus dieser Tätigkeit aus, einen Nachfolger gibt es bisher nicht. Seit dem 1. Januar 2006 war Poggendorf dann Vorsitzender des Vereins.