Nr. 11: "Parität"

50.000 Fälle = ca. 100.000 Wählerstimmen, jedes Jahr: 11. Schreiben an die MdB’s

Paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft und anderen Firmen hat sich in den meisten Fällen als effektives Instrument erwiesen, weil auch die Arbeitnehmer ihre Interessen, die naturgemäß in vielen Dingen anderer Natur sind als die Präferenzen der Kapitalvertreter, in diesem Gremium angemessen vertreten sehen. Das motiviert, auch deswegen, weil es zumindest ein Ziel gibt, das beide Seiten wollen: die Existenzsicherung des Unternehmens.

Auch in der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) hat man die paritätische Mitbestimmung eingeführt, also die Besetzung der relevanten Gremien und Positionen durch Vertreter der Arbeitgeberseite, die die GUV alleine mit ihren (Zwangs)Mitgliedsbeiträgen finanzieren, sowie mit den Versichertenvertretern, sprich den Beschäftigten in den fraglichen Unternehmen. Allerdings: die Existenzsicherung der „Gesetzlichen“ Unfallversicherung steht hier nicht auf dem Spiel - nach § 120 SGB VII gibt es eine Bundes- und Landesgarantie. Das hat vor wenigen Wochen das Bundesverwaltungsgericht klar gestellt (6 C 12/19 v. 12.5.21). Ein privatwirtschaftliches Unternehmen kennt eine solche Absicherung nicht.

Nun ist der Glaube weit verbreitet, dass durch diese Konstruktion „die gemeinsamen Interessen der Mitglieder“ wahrgenommen und dadurch deren „Aufgaben zum Wohl der Versicherten und der Unternehmen“ gefördert würden, wie es auf der Homepage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, dem Dach aller Berufsgenossenschaften heißt.

‚Waffengleichheit‘ indes ist eine Schimäre, wie wir unter www.ansTageslicht.de/Paritaet ausführlich begründen. Es sind mehrere Probleme, die den Unterschied zwischen der (politischen) Theorie der „Parität“ und der (täglichen) Praxis der „Parität“ begründen. Konkret: strukturelle Ungleichgewichte in der Konstruktion:

Die ‚politischen‘ Funktionen sind von Ehrenamtlichen besetzt. Im GUV-Apparat arbeiten hauptamtlich Beschäftigte, die über spezielles Fachwissen verfügen, was sie in den GUV-eigenen Hochschulen und Ausbildungsstätten erworben haben. Bei entscheidenden Sitzungen, z.B. in den sog. Widerspruchsausschüssen (Erledigungsausschüsse bzw. Rentenausschüsse),  stoßen geballte Expertise zu einzelnen Krankheitsbildern, den notwendigen Expositionsbelastungen und den Anforderungen an die Kausalitätsnachweisen, auf sehr viel weniger Sachverstand der Ehrenamtlichen. Der ‚Arbeitnehmervertreter‘ in der BG Verkehr beispielsweise ist Konzernbetriebsratsvorsitzender eines großen Unternehmens und sitzt zeitgleich in 14 weiteren Aufsichts-, Verwaltungs- und sonstigen Gremien. Hat er für einzelne Fälle Zeit?

Weil die Institutionenphilosophie der Berufsgenossenschaften darauf getrimmt ist, möglichst wenig Anerkennungen zu gewähren (was sich an den realen Zahlen ablesen lässt), um den Unternehmen die Mitgliedsbeiträge gering zu halten (Airlines z.B. zahlen pro Beschäftigten und Monat 1,21 €), sind die Vorlagen entsprechend durch sog. captive thinking geprägt. Und werden dann im Schnellgang auch so entschieden. Für jeden Fall ca. 2-3 Minuten, wie wir aus zwei unterschiedlichen Quellen erfahren haben. Diese Vorgänge sind absolut intransparent.

Durch Intransparenz zeichnen sich überhaupt alle Berufsgenossenschaften aus. Neben der BG Verkehr, die wir unter www.ansTageslicht.de/BGVerkehr ‚portraitiert‘ haben, fällt uns dies bei der BG Holz und Metall (BGHM) auf. Antworten auf so gut wie alle Anfragen werden regelmäßig mit dem Hinweis auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ abgewehrt. Selbst wenn der Anwalt eines Geschädigten Infos über die Ermittlungsergebnisse eines Arbeitsunfalls seines Mandanten (Nr. 3: getürkte Berichte) erfragen will: „Sozialdatenschutz“! Mehr unter www.ansTageslicht.de/BGHM.

Dieser Text auf 1 Seite:  www.ansTageslicht.de/intransparent. Und hier als PDF. Die ganze Serie:  www.anstageslicht.de/MdB.

Online am: 15.08.2021
Aktualisiert am: 19.09.2021


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