Die Berichte der FAZ, 09.12.2015

von Thomas THIEL

Die Methoden der GEZ

F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung , 29.08.2007

Ein Fitnessstudio im Badischen, das seiner Satzung nach nur Frauen Zutritt gewährt, musste im August 2004 mehrmals unangemeldeten Herrenbesuch erdulden. Zunächst handelte es sich um einen Mitarbeiter der GEZ, der nach den Worten der Besitzerin nicht nur herrisch und einschüchternd auftrat, sondern auch den Wunsch der Frauen ignorierte, zumindest während der Trainingsstunden unter sich zu bleiben. Dabei blieb es nicht. Nach seinem Rundgang wollte der Gebührenbeauftragte neben den ordnungsgemäß angemeldeten Rundfunkgeräten sieben weitere Radios und einen Fernseher entdeckt haben. Die Eigentümerin habe für den Zeitraum seit Öffnung des Studios nachzuzahlen. 2410,92 Euro stellte der GEZ-Mitarbeiter in Rechnung und forderte eine Unterschrift seiner Bestandsaufnahme.

Die Studiochefin verweigerte sie. „Der unterstellte Betrieb unangemeldeter Geräte war reine Fiktion“, sagte sie. Der Gebührenbeauftragte habe Lautsprecher in seine Kalkulation einbezogen, die an kein Gerät angeschlossen gewesen seien. Kundinnen könnten dies bezeugen.

Wenige Wochen später erhielt das Studio erneut Besuch von einem Gebührenbeauftragten, der zwar bestätigte, dass die vermeintlich unangemeldeten Geräte nicht vorhanden seien, dafür aber auch einen plausiblen Grund anzuführen wusste: Die Besitzerin des Studios habe sie eben inzwischen abmontiert, und es sei nun an ihr, den Gegenbeweis zu führen. Die Forderung von 2760 Euro wurde aufrechterhalten, der Widerspruch gegen die Zahlungsaufforderung abgelehnt. Für einen Widerruf müsse man erst einen Gebührenbescheid abwarten. Einige Zeit später kam der Bescheid, inklusive einer Säumnisgebühr von 24,11 Euro.

Dann eben doch nur 96,60 Euro

Noch bevor dies geschah, hatte die Fitness-Studiobetreiberin im August 2005 bei der Staatsanwaltschaft Offenburg Strafanzeige gegen die GEZ wegen Gebührenüberhebung, Zwangsanmeldung und Nötigung gestellt, die sie später um den Vorwurf der mittelbaren Falschbeurkundung erweiterte. Die GEZ reagierte mit einer Verschärfung ihres Tons und ihrer Forderungen. Durch Kaufbelege, Quittungen oder Garantieurkunden solle die Studiobetreiberin nachweisen, dass sie keine unangemeldeten Geräte betrieben habe, und dies eidesstattlich bezeugen. „Woher sollte ich denn diese Belege nehmen, wenn es diese Geräte doch gar nicht gab?“, fragte sie. Auch den Verzicht auf ein Grundrecht, die Unverletzbarkeit der Wohnung, habe das Schreiben der GEZ ihr nahegelegt: „Ihr GEZ-Beauftragter kann sich jederzeit unangemeldet vor Ort davon überzeugen.“ Würde sie dies nicht tun, würde man davon ausgehen, dass die Aussagen der eigenen Leute richtig seien. Sie tat es nicht.


Der Rechtsstreit wechselte die Ebene: Im März 2006 strengte die Studiobetreiberin ein Verfahren beim Verwaltungsgericht Freiburg an. Kurze Zeit später bekam sie von der GEZ das Angebot eines Vergleichs, das die Forderungssumme drastisch reduzierte: Statt 2435 Euro sollte sie nur noch 96,90 Euro zahlen, ihre Strafanzeige zurücknehmen und ihre Angriffe im Internet einstellen. Als sie das Angebot ablehnte – sie wollte nicht auf ihre Meinungsfreiheit verzichten –, bestand die GEZ auf einem Gerichtsentscheid. Im Juli 2007 verlor die GEZ den Prozess.

Mitunter verschickt die GEZ auch Zwangsanmeldungen, ohne den Ort besucht zu haben. Ein Widerspruch ist meist zwecklos. Die Anmeldung kann nicht widerrufen werden, weil es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Es folgen Zahlungsaufforderungen, auch mit Säumnisgebühr, gegen die man sich juristisch nicht wehren kann. Viele Bürger geben schon hier auf und zahlen. Dann, geraume Zeit später, kommt der Gebührenbescheid mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung und Widerspruchsmöglichkeit.

Wer einen Prozess wagt, muss sich auf ein langes Verfahren gefasst machen. Die Rundfunkanstalten formulieren lakonisch: „Es ist jedem Rundfunkteilnehmer möglich, die Rechtmäßigkeit unserer Gebührenforderung gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Kosten für ein solches Verfahren sind nicht unkalkulierbar hoch.“