Die Berichte der FAZ, 09.12.2015

von Thomas THIEL

Die Methoden der GEZ

F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung , 30.08.2007 von Thomas THIEL

Mit der Abmahnung eines Internetdienstes, dem unter anderem untersagt werden sollte, den Begriff „GEZ-Gebühr“ zu verwenden, hat die Gebühreneinzugszentrale ein Eigentor geschossen. Der designierte NDR-Intendant Lutz Marmor sprach inzwischen davon, dass dieser juristische Schritt nicht optimal gewesen sei. Der ARD-Sprecher Peter Meyer sagte dieser Zeitung, dass es vornehmlich darum gegangen sei, gegen unrichtige Tatsachenbehauptungen vorzugehen. Der Streit um Begriffe verweist aber recht schön auf die Methoden der GEZ, die im Auftrag der Rundfunkanstalten auftritt.

Ein schwieriges Unterfangen ist die Abmeldung eines Fernsehers oder Radios, auch die zeitweilige. Sie kann nicht akzeptiert, schlicht ignoriert oder mit der unrechtmäßigen Nachfrage nach dem Verbleib der Geräte und Adresse der neuen Besitzer beantwortet werden. In einem Fall behauptete die GEZ nach erfolgter Abmeldung, diese sei nicht durchgeführt worden, schickte weiter Gebührenbescheide, drohte mit Zwangsvollstreckung und forderte zweimal einen materiellen Beweis des Nicht-mehr-Vorhandenseins der abgemeldeten Geräte. Den Widerspruch dagegen erkannte sie nicht an. In einem anderen Fall bestätigte sie die Abmeldung nicht und schickte Zahlungsaufforderungen. Ein Dritter gab als Begründung seiner Abmeldung an, er habe den Fernseher an einen Bekannten verschenkt. Die GEZ verlangte daraufhin eine eidesstattliche Erklärung des neuen Besitzers, die bezeuge, dass er den fraglichen Fernseher auch tatsächlich geschenkt bekommen habe.

Umkehrung der Beweislast

Ob der Rundfunkgebührenstaatsvertrag eine solche Umkehrung der Beweislast erlaubt, ist strittig. Der Rundfunkgerätebetreiber schuldet der GEZ die Gebühr, trägt insoweit die Beweislast. Hat aber, wer keine Geräte besitzt, die Beweispflicht, dies nachzuweisen? Darf die GEZ eine eidesstattliche Erklärung verlangen? Der Rundfunkstaatsvertrag sagt nicht, in welcher Form die GEZ einen Nachweis verlangen darf. Die Adresse des neuen Besitzers einzufordern ist jedoch rechtswidrig. Zumindest ihre Formbriefe hat die GEZ ändern müssen. „Sie fragt darin nicht mehr nach der Adresse und dem Geburtsdatum des neuen Besitzers“, sagt Sven Hermerschmidt, der juristische Referent des Landesdatenschutzbeauftragten von Brandenburg.

Ein weiteres, für Gebührenzahler schwieriges Kapitel ist die Gebührenbefreiung, zumal für Freiberufler. Das zeigt der folgende Fall: Ein Selbständiger mit sehr wechselhaftem Einkommen hatte zwei Jahre lang wenig verdient und beantragte beim NDR im Januar 1999 die Befreiung von den Gebühren. Als Beleg für sein Einkommen fügte er den Steuerbescheid des Jahres 1997 bei und für seine Ausgaben den Mietvertrag. Der NDR lehnte den Antrag ab: Man könne sich nicht vorstellen, dass ein Mensch von so wenig Geld lebe. Der Antragsteller sagte in seinem Widerspruch, seine Eltern hätten ihm in mageren Jahren Geld geliehen, das er in besseren Jahren zurückzahle. Dies nahm der NDR nicht zur Kenntnis, er verlangte vom Antragsteller stattdessen, sämtliche Ausgaben offenzulegen, bis zum kleinsten Einkauf. Das lehnte der Antragsteller ab. Der Widerspruch wurde erneut abgelehnt, der Antragsteller reichte Klage beim Verwaltungsgericht ein.

Das Hamburger Verwaltungsgericht brauchte zwei Jahre, bis es einen Termin für eine mündliche Verhandlung anberaumte. Vierzehn Tage vor der Verhandlung bekam der Antragsteller vom Gericht die Aufforderung, sämtliche Unterlagen vorzulegen, die Einnahmen und Ausgaben - nicht des Jahres 1997, sondern des Jahres 1999 - betrafen. In diesem Jahr hatte der Antragsteller jedoch mehr verdient, als für die Befreiung erlaubt gewesen wäre. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass nun nach den verflossenen mehr als zwei Jahren, die zwischen Antragstellung und Verfahren gelegen hätten, die neuesten Zahlen zu berücksichtigen seien. Im Verfahren wurde zwar der Zweifel ausgeräumt, dass es nicht möglich gewesen wäre, von dem Einkommen 1997 zu leben - dieses wurde aber im Urteil nicht mehr berücksichtigt. Die Klage wurde abgewiesen, die Befreiung war damit hinfällig, der NDR hatte auf Zeit gespielt und war damit erfolgreich (Aktenzeichen 5 VG 3283/99).