Der tragische Absturz und das öffentliche Gedächtnis - Newsletter Nr. 7

Absturz in den Alpen 2015: „Verbrechen“? Technikpanne? Fume Event? „Massenmörder“? Der letzte Teil 7

Wenn man Vorfälle (wirklich) aufklären will, muss man ergebnisoffen vorgehen. Das gilt beim Absturz der Germanwingsmaschine 2015 sowohl für die offizielle Selbstmord-Theorie als auch für die ungeklärten Fragen und Widersprüche, die wir hier thematisiert und skizziert haben, und die andere Szenarien als möglich erscheinen lassen. Detaillierter nachzulesen anhand der relevanten Links unter Die ungeklärten Fragen – die alternativen Gutachten. Keiner der hier genannten Experten erhebt den Anspruch, die ‚bessere‘, sprich zutreffendere Erklärung zu haben. Der Anspruch zielt darauf ab, die Merkwürdigkeiten aufzuklären. Das ist bisher nicht geschehen.

Aus der empirisch belegten Chaos-Theorie weiß man, dass Unglücke oft eine Verkettung mehrerer Vorgänge sind, die alles so tragisch enden lassen. Beim ICE-Desaster in Eschede 1998 (101 Tote) beispielsweise kam ebenfalls alles zusammen: Ein gebrochener Radreifen, der sich erst in ein Fahrgastabteil gebohrt und dann mit dem anderen Ende eine Weiche umgestellt hatte, die die mit Hochgeschwindigkeit fahrenden Waggons auf das Nachbargleis riss, die wiederum mit voller Wucht an eine Brücke prallten, woraufhin diese zusammenbrach.

Nicht ausgeschlossen, dass auch der Airbus-Absturz eine Folge mehrerer Kettenreaktionen war. Die traditionellen Medien, die sich anlässlich des zehnjährigen Gedenkens zu Wort melden, orientieren sich v.a. an dem, was sie 2015 geschrieben haben. Bzw. in ihren Archiven dazu vorfinden: die bekannten Erklärungen. Auf die Merkwürdigkeiten und die neuen Hinweise gehen sie nicht ein. Nur DIE ZEIT macht das, weil sie über die dreiteilige Doku des TV-Senders „Sky“ berichtet: „Was geschah an Bord von Flug 9525?“. 

Was nicht dem gängigen Narrativ entspricht, ist für den Fotografen und Luftfahrtjournalisten, Verfasser von Bücher vornehmlich über Flugzeugkatastrophen Patrick HUBER, „Verschwörungstheorie“ – so z.B. in seinen Artikeln im Online-Magazin Austrian Wings“. Und so ist für ihn auch die Sky-Serie „ein dokumentarischer Groschenroman.“ Und wer Fragen stellt, ob alles auch etwas ganz anders gewesen sein könnte: „Das ist in etwa so als würde man beweisen wollen, dass die Erde doch keine Kugel sei.“

Das ZDF beispielsweise lässt ihn mehrfach als erklärender Experte auftreten. Dass die beiden „Außenseiter“ Simon HRADECKY und Tim van BEVEREN keine wilden Theorien aufstellen, sondern akribisch auf unbeantwortete auf Widersprüche hinweisen, vermag dem ZDF-Experten offenbar nicht einleuchten.

Betroffene Angehörige sind nur nach und nach bereit, sich mit anderen Erklärungen auseinander zu setzen. Einer der Opferanwälte, Elmar GIEMULLA aus Berlin, akzeptiert inzwischen den Umstand, dass aufgrund einer technischen Panne (Newsletter Nr. 5) der plötzliche Sinkflug eingeleitet worden sein könnte. So im Berliner Tagesspiegel. Meint aber, dass der Copilot das hätte ausgleichen müssen. 

Dass der dazu möglicherweise gar nicht mehr in der Lage war (z.B. aufgrund eines Fume Events, Newsletter Nr. 4), geht dem Anwalt - zumindest derzeit – zu weit. 

Und so wird das kollektive Gedächtnis über dieses tragische Ereignis weiter auf den Erklärungen basieren, die 48 Stunden nach dem Desaster auf die Schnelle von den französischen Behörden serviert wurden. Alles andere wird wohl verblassen, es sei denn Whistleblower geben weitere Hinweise – wenn es tatsächlich anders gewesen sein sollte.

(JL)