OLG Koblenz: Wie die Geschichte zur Serie wurde - das Making-of

Finger weg vom OLG oder: Die Bürger erzwingen Kurskorrektur der Politik. Reflexionen über einen "Justiz-Krimi" und die Berichterstattung.

Von Ursula SAMARY, Chefreporterin der Rhein-Zeitung

Der Justizkrimi, der sich bis zum Skandal und zur Rebellion der Bevölkerung gegen die geplante Auflösung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz steigert, beginnt im Mai 2006. Mit dem Gewinn der absoluten Mehrheit stellt die SPD erstmals einen Justizminister: Heinz-Georg Bamberger (SPD), zuvor Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Und: Die SPD will wieder mindestens diesen Chefposten „rot“ besetzen. Aber wie, wenn im Ministerium SPD-Juristen aus anderen Bundesländern installiert werden?

Das "Wächteramt der Presse" war schnell gefordert. Um einen nicht gewollten Bewerber, den Koblenzer Landgerichtspräsidenten Hans-Josef Graefen, zu verhindern, ist jener Minister auch zu einem vermeintlich trickreichen, aber höchstrichterlich verurteilten Urkundenwettlauf bereit, den die Rhein-Zeitung aufdecken konnte. Bundesgerichtliche Folge: Der OLG-Präsident musste vor der Landtagswahl 2011 den Posten wieder räumen. Eine Schmach für das Kabinett von Ministerpräsident Kurt Beck.

Nach der Landtagswahl 2011 folgte am 28. April die plötzliche – abseits des offiziellen Protokolls auch zugegebene – Rache: Die SPD, die nun mit den Grünen koalieren musste, wollte das traditionsreiche OLG in Koblenz samt Generalstaatsanwaltschaft auflösen – ohne vorherige genaue Prüfung der Fakten und Folgen. Es sollte nur noch ein OLG geben – im mehr als 200 bis 300 Kilometer entfernten und verkehrstechnisch nur schwer erreichbaren Zweibrücken.

Neben den gravierenden Nachteilen für Rechtsuchende, die Ökologie (Anreisen, Aktentransporte), die Volkswirtschaft und das Vertrauen in die Politik drohten millionenschwere, aber überflüssige Investitionen in Gebäude, die in Zweibrücken fehlten, während in Koblenz Leerstand drohte.

Kurz: Die Politik verkündete die Exekution ohne Ermittlungen, ohne Verhandlung im Pro und Kontra, sprich Prüfung der Fakten und Folgen und abschließendem Urteil. Die Justiz war so erschrocken wie die Bürger über diese Attitüde aus vordemokratischer Zeit und in einem Jahr, in dem alle Parteien mehr Bürgerbeteiligung versprochen hatten. Kurz: Nicht nur Stuttgart erlebte seine Wutbürger, auch Koblenz.

Als die Nachricht nachmittags am 28. April 2011 eintraf, lagen für die Autorin die sachfremden Motive der Landesregierung sofort auf der Hand: Für einen Chefposten, den es nicht mehr gibt, kann sich auch kein unliebsamer Richter mehr bewerben. Vollmundig, wie anfangs nicht wenige meinten, kündigte sie einen Sturm der Entrüstung an und sollte sich nicht irren.

Sie zeichnete schnell die Nachteile für den Bürger auf: Recht darf nicht zum Luxus derer werden, die sich eine weite Anreise (notfalls mit Übernachtung) leisten können, während teure Prozesse von Wirtschaftsunternehmen per einfacher Vereinbarung in Nachbarländer samt Gebühren abwandern. Sie widerlegte die durchsichtigen und nicht fundierten Argumente der Regierung – mit Statistiken, Hinweisen von Experten, Interviews, Stimmungsberichten und vor allem Fakten, die betroffen machten.

Menschen im ganzen Verbreitungsgebiet der Rhein-Zeitung rebellierten schnell: An die 3000 Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten gingen bereits am 13. Mai auf die Straße. Aber das war nur der Auftakt: Es wurden auf der Straße, bei Festen oder in Nachbarschaften wie Geschäften und sogar in Kirchen Unterschriften gesammelt. In Kreistagen und Stadträten wurden Resolutionen verabschiedet. Am Ende lagen an die 70 000 vor. Ein Bürgerbegehren drohte. Und: Die rot-grüne Koalition hatte keine Argumente, um ihrerseits die Bürger überzeugen zu können. Sie knickte ein.

Denn zuletzt hatte nicht nur die Rhein-Zeitung den Fall angeprangert, sondern auch die bundesweite Medienlandschaft.

Erfolg: Das OLG Koblenz hat inzwischen wieder einen rechtmäßig ernannten Präsidenten. Es ist der frühere Landgerichtspräsident Hans-Josef Graefen, den die SPD mit allen Mitteln, auch verfassungswidrigen, verhindern wollte. Das OLG bleibt auch in Koblenz, ebenso die Generalstaatsanwaltschaft. Das verkündete die Landesregierung am 27. März 2012.

Zuvor hatte eine unabhängige Expertenkommission die OLG-Auflösung zu Fall gebracht: Die Koblenzer Juristen konnten auf voller Linie mit ihren Argumenten überzeugen.

Die Politik musste sich korrigieren – aber zu Recht.

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Die Entwicklung des Falls seit 2006:


2006 stellt sich in vielen Hintergrund-Recherchen die spannende Frage: Wer wird neuer Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz? Der alte ist jetzt Minister in einer SPD-Alleinregierung und soll „roten“ Juristen Karrieren bescheren. Experten sind sich aber parteiübergreifend einig: Der Koblenzer Landgerichtspräsident Hans-Josef Graefen verfügt über die unumstrittene juristische Kompetenz und ist auch organisatorisch erfahren.

Da sich kein lupenreiner SPD-Kandidat findet, entdeckt der neue Justizminister der SPD das früher von ihm strikt abgelehnte Seiteneinsteiger-Modell: Der Präsident des Landessozialgerichts, Ralf Bartz, soll an die OLG-Spitze. In der SPD wird er als „einer von uns“ verkauft, obwohl er keiner ist. Dass Graefen als Jugendlicher in die Junge Union eingetreten ist, weiß noch nicht einmal die Koblenzer CDU. Graefen ist als Richter nie politisch aufgetreten. Aber wegen des Parteibuchs will die SPD-Spitze ihn offenkundig verhindern. Das versteht 2011 selbst die eigene Basis nicht mehr.

2007: SPD-Justizministers Heinz-Georg Bamberger hat ein Problem: Sein Favorit fällt im Präsidialrat der Richter zwei Mal glatt durch. Damit wackelt auch die Mehrheit im Richterwahlausschuss des Landtags. Vor der zweiten Sitzung werden die beiden richterlichen Vertreter von der Justizstaatssekretärin ins Gebet genommen. Prompt enthalten sie sich. Dies ist schnell zu recherchieren und zu beobachten, auch ohne Geheimnisverrat, wie gemutmaßt wird. Mit den Enthaltungen setzt die SPD ihren Mann durch. Die CDU schäumt. Für sie gelten die beiden Enthaltungen als Nein.

Das Ergebnis ist zweifelhaft und schlägt hohe Wellen.

Das journalistische Wächteramt wird fortan immer mehr gefordert, zumal das Vertrauen in die unabhängige Justiz auf dem Spiel steht. Als sich Graefen vor Koblenzer Verwaltungsgerichten gegen die Ernennung von Bartz wehrt, wagen erfahrene Juristen die Prognose: Vor den Koblenzer Verwaltungsgerichts-Instanzen hat er keine Chance. Die wartet erst vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das bestätigt sich.

Aber: Graefen hat wohlweislich das Bundesverfassungsgericht um Rechtschutz ersucht und Verfassungsbeschwerde eingelegt. Deshalb beginnt ein Wettlauf um die Urkundenübergabe: Der Minister wähnt sich mit einer alten, aber in dreisten Einzelfällen längst überholten Rechtsprechung wohl in Sicherheit: Ist sein ihm genehmer Kandidat erst einmal ernannt, gilt die Ämterstabilität und Bartz ist auf ewig Präsident. Graefen würde notfalls üppig mit Schadenersatz abgespeist, auf Kosten des Steuerzahlers.

Die Blitzernennung ist für Freitag, 22. Juni 2007 angesetzt. Das Fax mit der erhofften Entscheidung (29 Seiten) des Oberwaltungsgerichts Koblenz platzt, offenbar bewusst, in die Mittagszeit. Graefen ist ahnungslos. Nicht aber Bamberger und Bartz. Sie müssen auf dem Sprung gewesen sein. Wie unsere Zeitung sofort recherchiert, geht das Fax gegen 12.24 Uhr im Ministerium ein. Um 12.45 ist die Urkunde übergeben. Dass die Autorin von einer „Tür- und Angel-Ernennung“ schreibt, ärgert den Minister. „Es war noch Zeit für ein Gläschen Sekt“, belehrt er kurz darauf. Er fühlt sich überlegen. Aber diese Reaktion bestätigt nur einen unguten Verdacht.

Kann man so Rechte unterlaufen. schießt der Autorin durch den Kopf. Die Frage beantwortet das Bundesverfassungsgericht. Es lehnt die Verfassungsbeschwerde des unterlegenen Kandidaten Graefen zwar ab, hält dem Justizminister aber vor: Er durfte nicht derart den Rechtsschutz von Graefen „vereiteln“. Die höchsten Richter sahen Graefens Chancen im Hauptsacheverfahren auch „nicht als offensichtlich aussichtslos“ an. Das Urteil las sich wie eine Einladung, durch alle Instanzen zu gehen.

Bartz wird trotzdem ernannt. In einer turbulenten Sondersitzung des Landtags stützt Ministerpräsident Kurt Beck seinen Verfassungsminister Bamberger. Derweil muss Graefen vor dem Gang zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig wieder vor die Koblenzer Instanzen ziehen. Das Verwaltungsgericht reicht den Fall ans OVG weiter. Und diese, schon „hauseigen“ genannte, Instanz hält Graefens Klage – anders als Karlsruhe - für unzulässig. Juristen, die sich demonstrativ hinter Graefen versammelt hatten, reagierten fassungslos. „Bananenrepublik“, stößt einer aus.

November 2010: Das Bundesverwaltungsgericht gibt Graefen in allen Punkten Recht, nicht nur die Blitzernennung war illegal, sondern schon das Auswahlverfahren. Bartz muss den Posten im Januar 2011 räumen, eine Schmach für die SPD kurz vor der heißen Phase vor der Landtagswahl im März 2011. Ihr zusätzliches Problem neben schärfster Kritik: Mit der neuen Ausschreibung bewerben sich wieder Graefen, der verhinderte Kandidat, und Bartz, der per bundesgerichtlichem Urteil aus dem Amt entfernte Präsident.

2011: Am 28. April verkündet der kommende Justizminister Jochen Hartloff (SPD) am Rande von Koalitionsverhandlungen: Das OLG Koblenz wird aufgelöst. Es gibt künftig nur noch ein OLG – im auch für viele Pfälzer schwer erreichbaren Zweibrücken. Die vorgebrachten Argumente, sämtlich vorher nicht geprüft oder durchgerechnet, wirken rein parteipolitisch, aber nicht sachlich begründet. Die Rhein-Zeitung verortet den Beschluss sofort kritisch und erwartet Protestpotenzial.

Ein Betttuch, das protestierend bemalt am nächsten Morgen am OLG hängt, ist das erste Signal, das sie bestätigt. Es werden mit jedem Tag der Berichterstattung immer mehr. Aufkleber mit „Finger weg vom OLG“ und „Für eine bürgernahe Justiz“ gehen in Druck. Kioskbesitzer wollen sie unbedingt haben. Der Anwaltsverein, der OLG-Richterrat ist wie alle Kammern (Rechtsanwälte, Notare, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer) sind zu einer Kampagne bereit. Der erste Demo-Aufruf folgt am 5. Mai. Unternehmer wie Bürger (aus allen Parteien) solidarisieren sich mit der Justiz bei der großen Demo und Kundgebung schon am 13. Mai, also vor der Regierungsbildung am 18. Mai. An die Spitze der Protestbewegung setzen sich zwei Sozialdemokraten, Richterratsvorsitzender Peter Itzel und Koblenzer Ex-Oberbürgermeister Eberhard Schulte-Wissermann, der auch Vorsitzender des Vereins Pro Justiz Rheinland wird.

Die Autorin kann wichtige und entlarvende Fakten bis zur Demo klären. Sofort abgefragte Statistiken können das Argument von sinkenden Fallzahlen widerlegen. Erste, überschlägige Berechnungen des Gerichts lassen an der Sparbegründung stark zweifeln.

Aber auch nach diesem Auftakt zeigen Leseranfragen: Die Region steht zu ihrem Gericht und will mehr Fakten lesen. Und die wiegen schwer. Das OLG ist kein anonymes Aktengericht, wenn bei Familiensachen alle Beteiligten samt Kindern und Jugendamt-Vertretern immer erscheinen müssen und ein Kinderzimmer eingerichtet ist. Mit Millionenaufwand ist das Gericht auch für Terrorprozesse gesichert worden. Aber der Ministerpräsident pocht darauf, vor seinen Entscheidungen keine „nachgeordnete Behörden“ fragen zu müssen. Damit verortet er die unabhängige Justiz als dritte Gewalt irgendwo neben Forst- und Katasterverwaltung als Befehlsempfänger.

Nach der großen Demo geht die Autorin weiteren Argumenten nach, auch der Gefahr, dass Unternehmen ihre teuren Streitigkeiten vor Gerichten im Nachbarland (Verlust an hohen Gebühren in Rheinland-Pfalz) austragen können, oder nach dem Stopp der Stellenausschreibung Prozesse schon deshalb formal platzen können, weil das Gericht nicht mehr ordnungsgemäß besetzt ist.

Die Autorin fängt auch die plötzliche Unruhe in der seit 1994 so stillen Beck-SPD auf: „Die Menschen sind nicht mehr bereit, Basta-Politik einfach abzunicken. Sie lassen sich dies nicht mehr gefallen“, sagt ihr beispielsweise der Andernacher Oberbürgermeister Achim Hütten (SPD). Ihm ist es wichtig, dass die Bürger das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht.

Unterschriften aus kommunalen Parlamenten, Bäckereien, Metzgereien und Einzelhandelsgeschäften stapeln sich. Leserbriefe füllen Seiten. Bundesweit solidarisieren sich Richter und Anwälte. Es melden sich auch Initiativen aus anderen Bundesländern bei der Rhein-Zeitung. Und: Überregionale Zeitungen werden auf den OLG-Fall aufmerksam - als erster Heribert Prantl in der Süddeutschen. Darauf folgten weitere Zeitungen und Magazine. Sie überschütten Beck mit Häme: „Aufstand in König Kurts Reich“.

Als immer mehr Unterschriften (am Ende an die 70.000) vorliegen und ein Bürgerbegehren droht, lenkt Beck ein. Er beruft eine Expertenkommission mit Juristen aus mehreren Bundesländern und dem Vorsitzenden Professor Hermann Hill ein, die am 27. März 2012 dringend von einer Auflösung des Oberlandesgerichts in Koblenz abrät. Beck und sein Justizminister geben darauf die Absicht auf, das OLG zu schließen. Die Politik korrigiert sich unter dem Druck der Argumente und der Region, die parteiübergreifend protestierte.

Die Arbeitsweise:

Anders als bei der Aufarbeitung anderer Skandale wie beispielweise am Nürburgring, konnte im OLG-Fall nicht irgendwann eine Zäsur gesetzt werden und ein Drehbuch für eine Serie entwickelt werden. Denn mit dem Koalitionsvertrag war absurde Politik bereits am Anfang erkennbar.

Die Autorin widmete sich zunächst intensiv den Argumenten, um die von Rot-Grün schnell zu widerlegen: Sinkende Fallzahlen (stimmt nicht), Spareffekt (kaum erreichbar, Steuerverschwendung aber wahrscheinlicher), Nachteil für Bürger und Kommunen (enorme Zusatzkosten), nur ein Revisionsgericht mit wenig Publikum (stimmt nicht). Gleichzeitig schilderte sie begleitend Emotionen und Reaktionen von Juristen wie gesellschaftlichen Gruppen, die ebenfalls einen Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit befürchteten.

Erstaunlich: Die schier unendliche Vorgeschichte seit 2006 war trotz des sperrigen Stoffs den Lesern sehr präsent, weil sie immerhin auf einen Nenner zu bringen war: Die absolute SPD-Mehrheit wollte unbedingt den Koblenzer Landgerichtspräsidenten Hans-Josef Graefen an der Spitze des OLGs verhindern, auch mit rechtswidrigen Mitteln.

Diese Brisanz hatte die Politik unterschätzt, obwohl auch Arbeitnehmer korrekt beurteilt werden wollen. Zudem ging es vor allem um das hohe Gut einer unabhängigen Justiz und die Bestenauslese. Also dokumentierte die Autorin die Causa mit allen Facetten. Und: Das Thema wurde überall diskutiert, an der Einkaufstheke wie im Taxi oder in der Kneipe. Die Zeitung erlebte ein enormes Feedback. Leserzuschriften und Anrufe zeigten: Die Leser wollten immer mehr wissen.

Die Autorin stellte die Arbeit des Oberlandesgerichts und das gesamte Rechtsspektrum (vom Sorgerecht bis Terrorprozess, von Streit um Handwerkerrechnung bis zum Kunstfehlerprozess) vor. Sie hörte auch Experten an, die in anderen Bundesländern tätig sind. Die Fakten, aber auch der Aufruhr in der Bevölkerung, blieben auch in der SPD nicht ohne Spuren: Sie musste sich vor Ort Fragen und Resolutionen stellen. Folge: Die Autorin hörte erstmals seit 1994 Kritik am Ministerpräsidenten Kurt Beck. Das war früher undenkbar. Aber plötzlich hieß es: „Der Kurt“ ist nicht mehr nah bei den Menschen (sein Motto).

Unsere Berichterstattung rief schließlich auch die überregionale Presse auf den Plan. In der Süddeutschen macht Heribert Prantl den Anfang mit der Kritik: „In Rheinland-Pfalz soll der Justiz gezeigt werden, wo der Bartl den Most holt.“ Danach wurde plötzlich bundesweit hämisch über den Aufstand „in König Kurts Reich“ berichtet und darüber, dass er die dritte Gewalt irgendwo zwischen Forst- und Katasterverwaltung verortet. Dies bestätigte die regionale Berichterstattung von Koblenz.

Das Leserecho ermunterte immer weiter, mit unterschiedlichen Stilmitteln das Thema neu zu beleuchten. Da das Problem komplex war, konnten auch immer neue Fragen aufgegriffen werden. Als Rot-Grün eine unabhängige Experten-Kommission berief, schien für die meisten Journalisten das Thema erledigt. Die Autorin blieb aber wachsam, zumal ihre Recherchen ergeben hatten: Hinter den Kulissen drohte immer noch eine „kalte Fusion“ über eine Änderung von Gerichtsbezirken.

Sie hatte die Entwicklung weiter auf dem Radar, berichtete über parlamentarische Anfragen, ging plötzlich heftig aufbrechende Konflikten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach, die ebenfalls von der Schließung eines Gerichts bedroht war, und recherchierte, ob die Landesregierung die Kommission umfassend informierte oder nicht. Damit blieb das Thema präsent und brisant – auch mit dem Signal: Die Presse in Koblenz bleibt wachsam. Da sich der Verein „Pro Justiz Rheinland“ weiter bei Besuchen bei Stadt, Kreis und Landeswahlleiter Informationen über ein Bürgerbegehren einholte, sorgte auch er für eine anhaltende Drohkulisse.

Der Erfolg am Ende: Die Argumente der Koblenzer Juristen, die zudem tatsächliches Sparpotenzial erarbeitet hatten, überzeugte die Kommission. Sie brachte die Pläne zu Fall. Die Politik korrigierte sich komplett - in der Causa Graefen wie in der Causa OLG. Graefen ist nun Präsident eines nicht mehr von der Schließung bedrohten Oberlandesgerichts in Koblenz.

Nebeneffekt:
Mit dem OLG-Streit haben viele Bürger an Selbstbewusstsein gewonnen: Mit „Finger weg“-Plakaten griffen sie den OLG-Slogan auf und erreichten in vielen Orten, dass Polizeiinspektionen nicht geschlossen wurden. Der Innenminister entdeckte plötzlich ganz andere Sparmöglichkeiten. Denn eins war auch im OLG-Streit immer angesagt: Sparen kann und muss auch die Justiz, aber eben effektiv und vor allem glaubhaft.

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2012

Die Menschen hinter dieser Geschichte: